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VKI: "Nahrungsmittel haben Natürlichkeit verloren"

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Analogkäse, Klon-Fleisch, Gentechnik - die Diskussion über neue Lebensmittel der Nahrungsmittelindustrie ließ zuletzt vielen Konsumenten den Appetit vergehen. Die APA sprach mit Franz Floss, Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), über die Ursachen, Gefahren und den vermeintlichen Nutzen dieser Ernährungstrends. Sein Fazit: "Betriebe, in denen der Bauer jedes Tier beim Namen kennt und jeden Tag streichelt, gibt es nur mehr in der Werbung". Aber die Konsumenten hätten durch ihr Kaufverhalten noch immer einen großen Einfluss darauf, was auf dem Teller landet.

APA: Gentechnisch veränderte Lebensmittel, Klon-Fleisch und Analogkäse - die derzeitige Diskussion über Lebensmittel ist einigermaßen geschmacklos. Ist der Trend hin zu künstlich hergestellten Nahrungsmittel eine neue Entwicklung oder einfach nur gerade wieder aktuell?

Floss: Unsere Nahrungsmittel haben längst ihre Natürlichkeit verloren. Frische, unbehandelte Kuhmilch würde den meisten Menschen etwa gar nicht mehr schmecken. Und der Konsument verlangt inzwischen auch nach bestimmten Obstsorten - wie etwa Äpfel und Erdbeeren - außerhalb deren Saison. Neu ist allerdings, dass die Nahrungsmittel heute alle gesund sein müssen und dementsprechend beworben werden. Das ist oft aber einfach irreführend.

APA: Zuletzt sorgte der sogenannte Analogkäse für Diskussion. Wie steht der VKI dazu?

Floss: Unsere Position ist da eindeutig: Wenn der Konsument Käse will, soll er Käse bekommen. Analogkäse ist kein Käse, sondern ein Gemisch aus Wasser und Bakterieneiweiß. Der einzige Vorteil, der einen Vorteil davon hat, ist der Produzent, da Analogkäse viel billiger ist als echter Käse. Der VKI wird da auch aktiv werden.

APA: Nicht weniger unbehaglich sind Meldungen, dass schon bald das Fleisch von geklonten Tieren EU-weit zugelassen werden könnte. Rechnen Sie damit?

Floss: Nüchtern gesagt, wenn das Fleisch eines Tieres nicht gesundheitsgefährdend ist, wird es wohl auch das Fleisch dessen Klons nicht sein. Für die normale Nahrungsmittelproduktion wäre das Klonen aber sowieso zu teuer. Die Vorgehensweise wird eher so sein: Zuerst stellt man etwa mittels Gentechnik eine Superkuh her, deren Milch besonders reichhaltig an bestimmten Nährstoffen ist, diese wird dann geklont.

APA: Das klingt unheimlich.

Floss: Es ist natürlich eine ethische Frage. Zudem läuft man beim Klonen in die Gefahr, dass man die natürliche Artenvielfalt zerstört. Dann gibt es nur mehr die Superkuh, alle anderen sterben aus. Das Ausbrechen einer Krankheit unter diesen Tieren wäre dann eine Katastrophe, weil alle dieser Gattung betroffen wären.

APA: Apropos Gentechnik, deren Sinnhaftigkeit in der Nahrungsmittelindustrie immer wieder diskutiert wird: Gibt es eigentlich für den Konsumenten in Österreich irgendeinen Vorteil dadurch?

Floss: Nein, es gibt zwar kein Anzeichen darauf, dass gentechnisch verändertes Essen gesundheitsschädlich ist, aber der einzige Vorteil liegt wieder beim Produzenten, der die Nahrungsmittel billiger herstellen kann. Gerade bei der Gentechnik zeigt sich in Österreich aber der große Einfluss der Konsumenten. Obwohl diese Nahrungsmittel in der EU eigentlich zugelassen sind, werden sie in den Supermärkten nicht verkauft, weil die Österreicher sie ablehnen.

APA: Ist nicht damit zu rechnen, dass diese Lebensmittel früher oder später nicht doch im Supermarktregal landen?

Floss: Nein, das glaube ich nicht, dazu ist die Ablehnung zu groß. Und wenn, dann würden sie klar gekennzeichnet sein.

APA: Wenn diese Nahrungsmittel nicht unbedingt gesundheitsgefährdend sind, wo sehen Sie dann überhaupt die Gefahren?

Floss: Die Gefahr liegt in der Massenproduktion. In der Landwirtschaft würden noch mehr Monokulturen entstehen. Da die Samen meist nicht weiter vermehrungsfähig sind, würden sich die Landwirte in noch größere Abhängigkeit zu den Produzenten begeben, da sie in jeder Saison neu gekauft werden müssten.

APA: Im Supermarkt hat man zunehmend den Eindruck, dass es immer schwieriger wird zu erkennen, was tatsächlich in den Nahrungsmitteln steckt. Sie sind gelernter Nahrungsmittelchemiker, haben Sie denn immer den Durchblick?

Floss: Nein. Ich kenne natürlich die großen Gruppen von Inhaltsstoffen, aber bei den verschiedenen E-Bezeichnungen habe auch ich Schwierigkeiten. Umso wichtiger wäre es, die Nahrungsmittel einfach zu kennzeichnen.

APA: Wie sieht den aus der Sicht des Konsumentenschutzes das perfekt gekennzeichnete Lebensmittel aus?

Floss: Die wichtigsten Informationen sind deutlich im Sichtfenster zusammengefasst. Weiters ist die Herkunft des Produkts ersichtlich. Zusätzlich gibt es eine Ernährungsampel, die etwa über den den Zucker- oder Fettanteil eines Nahrungsmittels eine Empfehlung abgibt, wie oft das Produkt verzehrt werden sollte. Grün: Regelmäßig; Orange: Manchmal; Rot: Selten. Natürlich muss auch klar sein, ob das Produkt gentechnisch verändert oder etwa aus Klon-Fleisch besteht. Bei Gemüse und Obst sollte Auskunft darüber gegeben werden, ob es gerade Saison hat oder nicht.

APA: An was scheitert diese Kennzeichnung?

Floss: An der Nahrungsmittelindustrie. Sie argumentieren, dass eine Ampel zu vereinfacht wäre. Dass sie selbst etwa den angeblich gesundheitlichen Nutzen von ihren Produkten in der Werbung vereinfacht darstellt, ist hingegen kein Problem.

Das Gespräch führte Gerwin Haider/APA

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