Die Gewinne der deutschen Auto- Titanen brechen im 1. Halbjahr ein. Chinesische Wagen rollen immer öfter in Österreich.
Die beliebtesten Automodelle in Österreiche sind weiterhin der Skoda Octavia (4.753 Neuzulassungen im 1. Halbjahr), der VW Golf (4.214 Neuzulassungen) und der Seat Ibiza (3.451 Neuzulassungen im 1. Halbjahr).
Aber wenn man etwas unter die Haube schaut, merkt man, dass Tesla (insgsesamt 3.683 Neuzulassungen im 1. Halbjahr) schon bald vom chinesischen Autobauer BYD geplättet wird, der ebenfalls bereits 3.186 Neuzulassungen vorweist. Während fast ein Viertel weniger Tesla zugelassen werden, ist es bei BYD bereits die Hälfte mehr als im Vorjahreszeitraum. Die chinesischen E-Autos – etwa die Limousine BYD Seal -– sind in den Augen vieler Kunden günstiger und bieten mehr für das Geld.
BYD startet in vier Monaten Werk in Ungarn: Stahl von voestalpine
Die Chinamarke BYD wirft ihre E-Auto-Produktion gerade erst an. Auch in der EU. Das Ungarn-Werk in Szeged wird mit Stahl von voestalpine beliefert. Das Werk wird bis Ende 2025 die Fahrzeugproduktion aufnehmen.
In der EU schrumpft der Automarkt
Im ersten Halbjahr sind in Österreich 143.051 Personenkraftwagen zugelassen worden, um 5,9 % mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 60 % sind Hybride. EU-weit sinken die Neuzulassungen aber stark. Sie gingen allein im Juni um 7,3 % zurück.
Gewinn der deutschen Hersteller bricht ein
Ola Källenius, der Boss des deutschen Autobauers Mercedes-Benz und Präsident des europäischen Automobilverbandes ACEA, hat sich gegen das Verbrennerverbot in der EU ab 2035 ausgesprochen. Sollten dann keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden dürfen, drohe der europäische Automarkt zu kollabieren, sagte Källenius dem „Handelsblatt“.
Mercedes-Benz fuhr im ersten Halbjahr noch immer ein Konzernergebnis von rund 2,7 Mrd. Euro ein. Aber: Der Gewinn lag im Vorjahreszeitraum noch bei rund 6,1 Mrd. Euro.
Auch Volkswagen-Großaktionär Porsche SE bekommt die Krise in der Autoindustrie immer stärker zu spüren und setzt deshalb auf mehr Engagement in der Rüstung. Der Nettogewinn, vor allem von den Ergebnissen bei Volkswagen und dem Sportwagenbauer Porsche AG geprägt, brach im ersten Halbjahr um fast die Hälfte auf 1,1 Mrd. Euro ein. Jetzt will die Holding der Familien Porsche und Piech mehr in Rüstung investieren – hat sich an Drohnenhersteller Quantum Systems und am Satelliten-Start-up Isar Aerospace beteiligt.
Das Porsche-Dilemma. Der Ruf als Premiummarke wird leiden. Chinesen finden Rüstungsgeschäfte patriotisch, Deutsche sind da skeptischer.
BMW hat ebenfalls mit Gewinneinbruch zu kämpfen. Nach Steuern verdiente der deutsche Autobauer 4 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2025. Um 29 % weniger als im Vorjahreszeitraum und bereits der dritte Rückgang in Folge.
Aussicht
Die deutschen Auto-Titanen haben lange hohe Margen in China im Luxussegment eingefahren. Sie schreiben jetzt zwar noch immer Milliardengewinne, müssen sich aber neu aufstellen, um gegen China-Marken zu bestehen. Zulieferer wie Bosch, ZF und Continental kündigen tausende Mitarbeiter.
"Von einer echten Krise sind die deutschen Automobilhersteller noch weit entfernt", sagt Frank Schwope, Autoexperte und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule des Mittelstands Berlin. Tiefrote Zahlen seien nicht in Sicht.
"Extrem verwöhnt"
Schwope sieht das so: In den Coronajahren seien die deutschen Hersteller extrem verwöhnt worden und hätten extrem hohe Gewinne eingefahren. "Das waren teilweise Gewinne, für die die Vorstände nicht viel konnten", sagt Schwope. Chips für Autos seien Mangelware gewesen, die Hersteller hätten zwar weniger Autos verkauft, dafür aber die deutlich teureren mit entsprechend höheren Gewinnspannen.
Software nicht stark genug
"Die deutschen Hersteller haben den Trend zur Elektromobilität verschlafen", sagt Schwope. Insbesondere auf dem chinesischen Markt träfen sie kaum den Geschmack junger Leute oder moderner Autokäuferinnen und Autokäufer. Auch beim autonomen Fahren seien die Deutschen momentan nicht konkurrenzfähig. Die Software sei oft nicht stark genug.
US-Zölle drücken ebenso wie schwindendes China-Geschäft
"In China, dem wichtigsten Absatzmarkt der deutschen Autokonzerne, verlieren die deutschen Autokonzerne derzeit Marktanteile", sagt Constantin Gall, Autoexperte bei der Prüfungs-und Beratungsgesellschaft EY. Hinzu kämen Milliardenbelastungen, die sich aus den US-amerikanischen Importzöllen ergäben.
Zum Teil seien die Probleme auch hausgemacht. "Der Superzyklus der Jahre 2021 bis 2023 mit Traummargen dank Covid, Chipmangels und Lieferkettenunterbrechungen hat offenbar einigen Marktteilnehmern ein trügerisches Gefühl der Sicherheit gegeben, sodass das Kostenmanagement vernachlässigt wurde", so Gall.
"Die deutsche Autoindustrie braucht dringend eine Verschlankung"
Es seien Milliardensummen in Forschung und Entwicklung geflossen, ohne dass die Resultate immer überzeugen konnten. "Die deutsche Autoindustrie braucht dringend eine Verschlankung und eine Beschleunigung der Entwicklungsprozesse", sagt Gall.
"Die Probleme einzelner Unternehmen sind unterschiedlich gelagert, aber die Situation für die Industrie und die Beschäftigten ist insgesamt schon prekär", teilt die Vorsitzende der Industriegewerkschaft IG-Metall, Christiane Benner, mit. Die Herausforderungen nähmen zu. Die Absatzzahlen von vor der Coronapandemie würden in der EU derzeit nicht erreicht.
"In der Folge sind Werke nicht ausgelastet, und wir führen harte Auseinandersetzungen darüber, dass Beschäftigte nicht einseitig die Lasten tragen", so Benner. "Wir müssen da zusammen durch."
Laut Gall sind die deutschen Konzerne bei der E-Mobilität inzwischen deutlich besser aufgestellt als noch vor einigen Jahren, sodass sie gute Chancen hätten, auf diesem Markt ganz vorn dabei zu sein. Die Industrie selbst fordert unterdessen Reformen für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. So seien etwa die Zulieferer mit ihren Produkten international wettbewerbsfähig, der Standort Deutschland hingegen nicht, teilte der Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie, Jürgen Mindel, mit. Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität müssten zur politischen Top-Priorität in Berlin und Brüssel werden. Der Industrie-Umbau wird schmerzhaft, aber nötig.