Bahn frei für neuen Presserat

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Die Gewerkschaft will nach monatelanger Verzögerung einlenken und das Statut für den neuen Presserat innerhalb der nächsten Wochen fixieren.

Ursprünglich für vergangenen Herbst angekündigt, scheiterte das Selbstregulierungsorgan der Printbranche bisher an Bedenken der Journalistengewerkschaft über 2 Vorschläge des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ).

Uneinig waren sich VÖZ und Gewerkschaft zuletzt nur noch darin, ob den Senaten, die sich mit den Beschwerden an den Presserat beschäftigen sollen, Juristen oder Journalisten vorsitzen sollen. Die Senate sollen aus je 5 Personen bestehen. Die Verleger plädierten dafür, dass "juristische Personen" den Gremien vorsitzen, dieses Modell laufe bereits erfolgreich in Schweden und den Niederlanden.

Die Gewerkschaft wollte die Gremien hingegen schwerpunktmäßig mit Journalisten beschicken. Außerdem wehrte sich die Gewerkschaft dagegen, dass eine Beschwerde nur entweder vor dem Presserat oder vor einem Gericht vorgebracht werden darf. Franz C. Bauer von der Journalistengewerkschaft befürchtete hier ein "Aushebeln des Rechtssystems und die Schaffung eines Ersatzsystems".

Nachdem der VÖZ laut Bauer allerdings auf seinen Positionen beharrte und diese somit auch nicht wegverhandelt werden konnten, sehe sich die Gewerkschaft zum Nachgeben gezwungen, ohne die Standpunkte der Verleger gutzuheißen. "Wir sehen ein, dass es in der Angelegenheit Presserat bald eine Lösung braucht", so Bauer. Man müsse sich nun in der Praxis ansehen, ob die Bedenken der Gewerkschaft berechtigt oder eventuell überzogen waren. Dass der Presserat so lange auf sich warten ließ, erklärt Bauer damit, dass man sich in der Gewerkschaft "nur zögernd mit den Standpunkten der Verleger anfreunden" konnte.

VÖZ weis Sturheit zurück

VÖZ-Generalsekretär Gerald Grünberger sagte angesichts der Ankündigung der Gewerkschaft, "man soll den Tag nicht vor dem Abend lohnen, aber wenn wir uns diesmal tatsächlich einigen können, dann ist das im Sinne der österreichischen Presselandschaft ein wichtiges Ergebnis". Dass der VÖZ stur auf seiner Position beharrt habe, weist Grünberger zurück. "Der Verband hat sich im Zuge der Verhandlungen immer als konstruktiver Partner verstanden und wird das auch weiterhin sein."

VÖZ, Journalistengewerkschaft und der Verein der Chefredakteure verhandeln bereits seit Mai 2008 über einen neuen Presserat. Das zuletzt ausgearbeitete Statut sieht grundsätzlich vor, dass der Trägerverein des neu zu gründenden Selbstregulierungsorgans von VÖZ, der Gewerkschaft, dem Österreichischen Zeitschriftenverband (ÖZV), dem Verband Regionalmedien (VRM), dem Verein der Chefredakteure und dem Presseclub Concordia beschickt werden soll. Der Presserat selbst soll sich aus zwei Beschwerdesenaten zusammensetzen, die sich mit medienethischen und wirtschaftlichen Aspekten beschäftigen. Im Rahmen der Presseförderung soll es finanzielle Unterstützung für den neuen Presserat geben.

Verhaltenskodex im ORF Dauerbaustelle

Während die Selbstregulierung in der Printbranche also langsam Gestalt annehmen dürfte, ist dieses Thema im ORF eine Dauerbaustelle. ORF-Redakteurs- sowie Stiftungsrat fordern von ORF-Chef Wrabetz bereits seit Jahren klare und nachvollziehbare Unvereinbarkeitsbestimmungen, nachdem nicht nur ORF-Mitarbeiter, sondern auch Mitglieder des Stiftungsrats in regelmäßigen Abständen Diskussionen um Werbeverträge und Nebenjobs ausgesetzt sind. Zuletzt sorgte die Werbetätigkeit von ORF-Moderatorin Claudia Reiterer für die Agrarmarkt Austria (AMA) für Aufregung.

Der Ball liegt bei Wrabetz, betonen Redakteursrat und Stiftungsrat. Die Redakteurssprecher haben bereits vor zwei Jahren einen Verhaltenskodex ausgearbeitet, der in der Generaldirektion auf Wrabetz' Unterschrift wartet. Der Stiftungsrat hatte Wrabetz bereits im Vorjahr empfohlen, die Programmrichtlinien auf Basis dieses Verhaltenskodex zu ergänzen. Dies dürfte allerdings angesichts der aktuellen Herausforderungen, bei denen es vor allem um die wirtschaftliche Zukunftssicherung des ORF geht, untergegangen sein. Redakteurssprecher Fritz Wendl geht aber davon aus, dass der Verhaltenskodex aus Anlass der Reiterer-AMA-Diskussion im nächsten Stiftungsrat am 5.11. wieder auf der Tagesordnung steht.

"Corporate Governance"-Kodex für Stiftungsrat

Ähnlich verhält es sich mit dem "Corporate Governance" Kodex für das oberste ORF-Aufsichtsgremium. 2006-2008 hat eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des unabhängigen Stiftungsrats und Caritas-Präsidenten Franz Küberl entsprechende Richtlinien erarbeitet und dem Stiftungsrat sowie der Geschäftsführung Ende 2008 einen Entwurf vorgelegt. Ziel war es, "weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, Rahmenbedingungen und Qualitätsnormen für Stiftungsratsmitglieder zu schaffen", formulierte es Stiftungsratsvorsitzender Klaus Pekarek damals.

Allerdings, so Küberl, habe sich herausgestellt, dass der Stiftungsrat hier eine Fleißarbeit geleistet habe, da die Schaffung eines solchen Kodex eigentlich in die Zuständigkeit des ORF-Generaldirektors falle. "Wrabetz muss die Initiative setzen, den Kodex zu konzipieren, der anschließend mit den drei Organen Stiftungsrat, Publikumsrat und Wirtschaftsprüfern akkordiert werden muss." Küberl hofft, dass man es schafft, sich "in Friedenszeiten" auf Verhaltensregeln zu einigen, um dann in Konfliktsituationen handlungsfähig zu sein.

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