Erdogan führt kalten Krieg gegen Mediengruppe

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Der türkische Medienunternehmer Aydin Dogan hat nichts mehr zu lachen, seit er sich mit der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan angelegt hat. Steuerprüfer und Wettbewerbshüter nehmen die Dogan Yayin Holding, zu der die Massenblätter "Hürriyet" und "Milliyet" gehören, als führende Mediengruppe in der Türkei nun in die Mangel. Erst wurden Steuerstrafen in Milliardenhöhe verhängt. Seit Freitag prüft eine Behörde, ob es im Anzeigengeschäft mehrerer Zeitungen Verstöße gab.

Medien der Dogan-Gruppe hatten im vergangenen Jahr ausführlich über Fälle von Korruption in Erdogans islamisch-konservativer AKP berichtet. Auch ein deutsch-türkischer Spendenskandal im Umfeld der AKP wurde zum Thema, wobei die Rolle eines Sohnes von Erdogan hinterfragt wurde. Der Ministerpräsident hatte Dogan deswegen mehrfach scharf kritisiert. Er rief die Zeitungsleser unter seinen Anhängern vor der Kommunalwahl im März wiederholt zu einem Boykott der Blätter auf.

Im Februar hatten die Steuerbehörden schon einen Strafbescheid über fast 400 Mio. Euro an Dogan geschickt. Als Begründung wurden Unregelmäßigkeiten beim Verkauf von Anteilen der Gruppe an das deutsche Medienhaus Axel Springer ("Bild", "Die Welt") angegeben. Zugleich wurden Aktienverkäufe zwischen Unternehmen der Dogan-Gruppe unter die Lupe genommen. Ein weitere Steuerstrafe lautet nun auf mehr als mehr als 1,7 Mrd. Euro.

Miklos Haraszti, der Medienbeauftragter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), bezeichnet die Strafen als "beispiellos". Nach den OSZE-Verpflichtungen müssten Regierungen die Bedingungen für die Arbeit einer freien Presse sicherstellen und Zurückhaltung beim Einsatz staatlicher Gewalt praktizieren.

"Ich rufe die Behörden zu einem Vorgehen auf, bei dem Strafen angemessen sind und die Arbeit der Medien nicht gefährden", zitieren türkische Medien aus einem Brief von Haraszti an den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu. Alarmierte Stimmen gab es auch aus der EU.

Politischer Hintergrund vermutet

Viele in der Türkei sind überzeugt, dass die Strafen einen politischen Hintergrund haben. Kommentatoren fragen besorgt, ob Erdogan mit seinem kalten Krieg gegen Medien die Dogan-Gruppe ganz aus dem Geschäft drängen will. Immerhin kommen die Steuerstrafen fast dem Wert des ganzen Unternehmens gleich.

"Dies ist nicht direkt Zensur", schreibt die türkischen Journalistin Asli Aydintasbas am Freitag im "Wall Street Journal". Aber mit diesen Methoden habe die Regierung dafür gesorgt, dass mehr als die Hälfte der Medien in der Türkei regierungsloyal seien. Aydintasbas beschreibt, wie Zivilpolizisten im Behördenauftrag vor zwei Jahren die Kontrolle über ihre damalige Zeitung "Sabah" übernommen haben. "Das sind die Regeln: Direkte Angriffe auf den Ministerpräsidenten und Geschichten über seine Familie sind verboten", schreibt sie.

Gut möglich aber auch, dass die Behörden der Dogan-Gruppe nur die Instrumente der Macht zeigen, um sie "auf Linie" zu bringen. Das Finanzministerium könne Gespräche mit Dogan über eine Beilegung des Steuerstreit führen, haben Regierungsvertreter durchblicken lassen.

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