Marktkonzentrationen im Medienbereich sind für Gesellschaft und Politik "ein belastender Vorgang - auch wenn die Styria das macht", so Horst Pirker, Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group ("Kleine Zeitung", "Die Presse", "WirtschaftsBlatt"), deren geplanter Zusammenschluss mit der Moser Holding derzeit vom Kartellgericht geprüft wird.
Dass die Styria laut Pirker ein regelrechter "Konzentrationsstaubsauger" sei, begründet dieser mit einer Art Verantwortungsethik: Angesichts der Quasi-Monopolstellung und der überwältigenden Marktmacht von ORF und "Kronen Zeitung" sei Handeln gefordert.
"Die Alternative wäre, dass man den Stillstand verwaltet und über die böse Welt jammert, die nicht zu ändern ist. Das wäre aber kein unternehmerischer Zugang", sagte Pirker Montagabend bei der Veranstaltung Speakers Lounge in Wien. Also müsse man in diese für die Demokratie belastende Situation eingreifen und sie ändern, selbst auf die Gefahr hin, sich der gleichen Systematik zu bedienen, die man verurteilt. Pirker würde es begrüßen, wenn sich außer der Styria und der Moser Holding auch andere Medien an dem Prozess beteiligen, wie er betonte.
Auch von der Politik erwartet der Styria-Chef, dass sie Marktkonzentrationen entgegenwirkt und nicht die vorgefundene Situation bei "Kronen Zeitung" und ORF einfriert, indem sie keine neuen starken Marktplayer zulässt. "Es kann nicht sein, dass sich die übrigen Medien dann die Krümel aufteilen, die die Großen übriglassen."
Insofern gibt sich Pirker zuversichtlich, dass der Zusammenschluss zwischen Styria und Moser Holding vom Kartellgericht grünes Licht erhalten wird. Das Vertrauen des studierten Juristen in die österreichische Gerichtsbarkeit ist schließlich noch intakt: "Die unabhängigen Gerichte sind das Einzige, das noch wirklich funktioniert. Daher werde ich jedes Gerichtsurteil ohne einen Pieps akzeptieren" - in letzter Instanz versteht sich.
Bekenntnis für "Presse am Sonntag"
Ein klares Bekenntnis gab Pirker für die "Presse am Sonntag" ab, deren Einführung eine "bombensicher richtige Entscheidung" gewesen sei, für die er persönlich einstehe. Als entwicklungswürdig bezeichnete er allerdings die Performance der "Presse" unter der Woche. "Wir müssen uns wochentags und digital mehr anstrengen. Hier ist vieles auf einem brauchbaren Weg, aber von der Zielvorstellung noch ein ganzes Stück entfernt."
Als "Selbstmord mit Anlauf" bezeichnete Pirker, der auch Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist, die Ansicht der Journalistengewerkschaft, dass "wer Journalist ist auch im Tageszeitungs-Kollektivvertrag tätig sein muss". Das sei auf Dauer für die Unternehmen finanziell nicht tragbar.
Gewerkschaft gegen VÖZ: "Sind keine Selbstmörder"
Den Vorwurf "Selbstmord mit Anlauf" will Franz C. Bauer, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft, naturgemäß nicht auf sich sitzen lassen. "Dass die Journalisten, die in Tageszeitungen arbeiten, dem korrekten Kollektivvertrag unterliegen, ist kein Selbstmord mit Anlauf, sondern schlicht die Umsetzung rechtsstaatlicher Spielregeln."
"Wir sind definitiv keine Selbstmörder", legte Bauer gegenüber der APA nach. Verträge seien, so die Ansicht des Gewerkschafters, zu halten oder gegebenenfalls zu ändern, "aber nicht willkürlich zu brechen wie das derzeit in einigen Zeitungshäusern geschieht". Der Gewerkschaft gehe es darum, den KV so zu gestalten, dass freie Mitarbeiter und Online-Redaktionen besser erfasst werden.
Gewerkschaft: Nur Tageszeitungsjournalisten nach KV bezahlen
Der Schlagabtausch in Sachen Kollektivvertrag ging weiter, als Pirker meinte, es sei eine "unzulässige Vermischung von Tatsachen, wenn die Gewerkschaft so tut, als wäre es geltendes Recht, dass jede Tätigkeit nach Tageszeitungs-Kollektivvertrag bezahlt wird". Das würde "allen publizistischen Aktivitäten die Möglichkeit nehmen, wettbewerbsfähig zu sein".
Nach Pirkers Ansicht sollen jene Journalisten nach Tageszeitungs-KV bezahlt werden, die überwiegend oder ganz für eine Tageszeitung auf Papier arbeiten. Diese KV-Gültigkeit auf Mitarbeiter von digitalen Medien oder Agenturen auszuweiten, sei laut Verlegerpräsident hingegen "systemwidrig". Insofern sei der Vorwurf der Gewerkschaft, einige Medienhäuser würden den Kollektivvertrag nicht einhalten, weil sie nicht alle Redaktionsmitarbeiter nach Tageszeitungs-KV bezahlen, unzulässig. Auf die Frage, ob dies nicht dem Vorhaben Tür und Tor öffne, Redakteure in sogenannte "content engines" auszulagern und die Gestaltung des Papierprodukts nur noch einzelnen wenigen Mitarbeitern zu übertragen, meinte Pirker: "Das ist die Zuspitzung."
Ursprünglich hatte Pirker am Dienstagabend gesagt, das Beharren auf dem Tageszeitungs-KV für alle redaktionellen Mitarbeiter sei "Selbstmord mit Anlauf". Die Journalistengewerkschaft hatte daraufhin geantwortet, dass es schlicht die "Umsetzung rechtsstaatlicher Spielregeln" sei, " dass die Journalisten, die in Tageszeitungen arbeiten, dem korrekten Kollektivvertrag unterliegen".
Zu den am Mittwoch startenden Kampfmaßnahmen der Drucker beziehungsweise der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), die in letzter Konsequenz auch die Tageszeitungen betreffen könnten, meinte Pirker: "Es ist unfair, Unschuldige und völlig Unbeteiligte wie die Tageszeitungen als Geißel zu nehmen." Die GPA hatte angekündigt, dass es in etwa sechs Wochen zu einem branchenweiten Druckerstreik kommt, wenn bis dahin keine flächendeckende Einigung über den Kollektivvertrag erzielt werde.