Trotz heftigem Protest

Nationalrat beschloss Aus für Print-''Wiener Zeitung''

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Trotz empörter Proteste der Opposition - und viel Kritik von außerhalb - hat der Nationalrat am Donnerstag das Aus für die "Wiener Zeitung" in der bisherigen Form besiegelt.

SPÖ, FPÖ und NEOS appellierten zwar eindringlich an die Regierung, auf die Umwandlung der ältesten Tageszeitung der Welt in ein Digitalmedium zu verzichten. Aber ÖVP und Grüne waren überzeugt, dass die gewählte Lösung die beste ist. Denn durch EU-Vorgaben ist die bisherige Finanzierung verloren gegangen.

Da die Veröffentlichungspflicht für Unternehmen im Amtsblatt gestrichen werden musste, wird die 320 Jahre alte "Wiener Zeitung" künftig nur noch online und allenfalls monatlich in Papierform erscheinen. Die Anträge von SPÖ und FPÖ, das Gesetz in den Verfassungsausschuss zurückzuverweisen und dort gemeinsam nach einer besseren Lösung zu suchen, scheiterten am Nein von ÖVP und Grünen. Aber die Abstimmung erfolgte namentlich, wie von der SPÖ beantragt. 162 Stimmen wurden abgeben, 88 lauteten auf Ja, 74 auf Nein.

"Schwarzer Tag heute für Österreich als Medienstandort"

"Das ist ein schwarzer Tag heute für Österreich als Medienstandort", eröffnete der stv. SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried die Debatte - und griff ÖVP und Grüne frontal an: Sie würden in "unfassbarer Ignoranz, Abgehobenheit und Wurschtigkeit" eine Qualitätszeitung "kaltschnäuzig killen", das sei eine "medien- und kulturpolitische Schande". Gleichzeitig werde versucht, die Journalistenausbildung um jenes Geld zu verstaatlichen, das die "Wiener Zeitung" bräuchte, um weiter wie bisher zu bestehen. In den Reihen der SPÖ wurde, vor allem bei der Rede der Medienministerin, demonstrativ die "Wiener Zeitung" gelesen.

Wiener Zeitung Parlament
© APA/ROLAND SCHLAGER
× Wiener Zeitung Parlament
Abgeordnete der SPÖ mit der aktuellen Ausgabe der "Wiener Zeitung" im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Parlament in Wien.

Auch aus Sicht der FPÖ ist das Gesetz "ein grober Fehler". Man hätte der ältesten Tageszeitung der Welt die Möglichkeit geben sollen, zu überleben - mit Privatisierung oder einer anderen Weise der Finanzierung, merkte Harald Stefan an. Offenbar habe die Regierung diesen Weg gewählt, weil sie weiter Zugriff haben wolle. Deshalb gebe sie jetzt 20 Mio. Euro für u.a. auch für eine "höchst fragwürdige Journalistenausbildung in der Weisungskette des Bundeskanzlers".

Heftige Kritik von NEOS-Chefin Meinl-Reisinger

Sehr scharf äußerte sich NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: In "Unfähigkeit, Kurzsichtigkeit, Niedertracht oder Überheblichkeit der Macht" - eines davon garantiert - begehe die Regierung einen "historischen Fehler in ihrer Medienpolitik". Mit dem Ende für die Printzeitung seien ÖVP und Grüne "Totengräber" auch der Demokratie. Unabhängigen Journalismus zu begraben, gleichzeitig eine staatliche Journalistenausbildung im Kanzleramt zu etablieren und mit dem (gestern präsentierten) neuen ORF-Gesetz einen "de facto digitalen Monopolisten" üppigst auszustatten - "das ist in der Methode Kuba und im Ergebnis Ungarn". "Viktor Orban wäre sehr stolz", hielt die NEOS-Chefin der Regierung vor.

Protest Wiener Zeitung
© APA/ROLAND SCHLAGER
× Protest Wiener Zeitung
Eine Protestaktion in Form einer "Redaktionssitzung" der "Wiener Zeitung" gegen die geplanten Maßnahmen der Regierung.

Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) trat diesen Vorhaltungen entgegen. "Wer von der Abschaffung der 'Wiener Zeitung' spricht, sagt die Unwahrheit", hielt sie der Opposition vor. Die Zeitung werde nach dem neuen Geschäftsmodell weiter bestehen, mit der Digitalisierung könne man "diesen guten Journalismus, der gegen Fake News wirkt" für die Zukunft absichern und einem breiteren Publikum zugänglich machen. Was die Journalistenausbildung betrifft - die gebe es bereits jetzt in der "Wiener Zeitung", und sie werde auch künftig "selbstverständlich nicht in Bundeskanzleramt angeboten sondern in der Redaktion".

ÖVP-Abg. Kurt Egger sieht einen weiteren Schritt zur Erreichung der medienpolitischen Ziele der Regierung, nämlich einen vielfältigen Medienstandort und unabhängigen Journalismus abzusichern, zur Entwicklung von Qualitätsjournalismus beizutragen-und heimische Medienhäuser in die digitale Zukunft zu begleiten.

So äußerten sich die Grünen

Nicht gerade glücklich, aber linientreu äußerten sich die Grünen. "Glauben Sie, es macht uns Spaß, diese furchtbaren Entscheidungen zu treffen", antwortete Klubchefin Sigrid Maurer der Opposition - um dann aber Zuversicht zu zeigen, dass die Umwandlung in eine digitales Medium "gut gelingen kann". Sie habe da "großes Vertrauen in die unabhängige Redaktion". Mediensprecherin Eva Blimlinger gestand ein, sie sei ursprünglich "selbstverständlich" für Erhaltung der "Wiener Zeitung" im Print gewesen. Aber es habe keine gute Lösung dafür gegeben, also gehe man den neuen Weg der Transformation - "so leid es mir tut, aber es ist ein Weg in die Zukunft".

Die nötige Zweidrittelmehrheit gefunden hat - dank Zustimmung der SPÖ - die von der Regierung vorgelegte Novelle zum Medientransparenzgesetz, und zwar mit ein paar per Antrag ergänzten Änderungen. Die Novelle sieht mehr Transparenz bei öffentlichen Inseraten vor. Ministerien und andere öffentliche Stellen, die Werbekampagnen ab einem Volumen von 150.000 Euro schalten, müssen damit ab 2024 öffentlich über Inhalt, Laufzeit, Budget und Zielgruppen der Kampagne informieren und darlegen, warum die Kampagne nötig ist.

Wirkungsanalyse

Übersteigt die Kampagne den Betrag von 1 Mio. Euro, ist zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchzuführen. Neu ist außerdem die Meldepflicht aller entgeltlichen Inserate und Einschaltungen an die KommAustria. Die Bagatellgrenze von 5.000 Euro und die bisherige Beschränkung der Bekanntgabepflicht auf periodische Medien entfallen. Außerdem werden auch die einzelnen Werbesujets zu veröffentlichen sein, wenn die Gesamtsumme der Aufträge pro Halbjahr den Betrag von 10.000 Euro überschreitet.

Vorerst noch in der Warteschleife hängt der dritte Teil des von den Regierungsparteien vorgeschlagenen Medienpakets. Der neue Fördertopf für Qualitätsjournalismus muss beihilfenrechtlich erst von der EU genehmigt werden.

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