Gasbranche verteidigt Preise und bekämpft E-Control

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Österreichs Gaswirtschaft verteidigt die den Kunden verrechneten Preise als angemessen und deponiert konkrete Wünsche für eine Neuorganisation der E-Control, damit der Regulator nicht zu viel Macht hat. Forderungen des Regulators, die Endkundenpreise unmittelbar an Spotnotierungen oder die Importpreise anzupassen, wies die Spitze des Gas-Wärme-Verbands am 26. November als "schlecht fundierte, billige Polemik" zurück.

Sollte der Ölpreis nicht zu volatil sein, werde der Gaspreis nicht nur über den Winter, sondern auch 2010 stabil gehalten werden können, sagte Fachverbandsobmann Helmut Miksits, Vorstand in der Wiener Stadtwerke Holding AG. Für eine allfällige neue Gaskrise zur Jahreswende sieht der Verband Österreich auch wegen der vollen Gasspeicher gut gerüstet.

Die derzeitige Konstruktion der Regulierungsbehörde, in der es neben einer ausgegliederten GmbH auch die E-Control-Kommission gebe, könne nicht weiter aufrechterhalten werden, sagte Verbands-Vize EVN-Chef Burkhard Hofer in einer Pressekonferenz. Nötig sei eine neue Struktur mit nachvollziehbaren Entscheidungsabläufen und Kostentransparenz. Derzeit trage der Regulierer nicht allen Grundsätzen von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung, vielmehr betreibe er "sehr viel Aufwand und darf das selbst bestimmen", verweist Hofer auch auf Rechnungshof-Erkenntnisse.

Unabhängige Behörde gewünscht

Dem Regulator müsse ein klares Budget vorgegeben werden, das einzuhalten sei. Zudem müsse er unabhängig von allen Regierungsstellen sein, derzeit gebe es ein Weisungsrecht auf die GmbH., und in der Kommission säßen auch Kundenvertreter. Damit müsse Schluss sein. Entscheidungen etwa zu Tariffestlegungen sollten künftig am besten durch Senate erfolgen, in den je ein Jurist, ein Techniker und ein Kaufmann vertreten sind. Schließlich fehle auch eine ordentliche Berufungsinstanz. Derzeit könnten Verordnungen der E-Control nur mit Verfassungsbeschwerde bekämpft werden, so Hofer.

Verschonen will die Gaswirtschaft die Verbraucher auch von anderen unkalkulierbaren Kosten, weshalb sie gegen eine "übereilte, überhastete" Einführung von Smart Metering in Form eines österreichischen Alleingangs eintritt, ehe noch nicht einmal die technische Machbarkeit gesichert sei, wie Hofer betonte. Mit derartigen Messsystemen könnten EVU online die Zählerstände aus der Ferne ablesen, weshalb die E-Control bis 2016 eine flächendeckende Einführung möchte. Der Fachverband der Gas- und Wärmeversorger bezweifelt, dass das sinnvoll ist, da die Zählertypen noch unausgereift seien und ein europäischer Standard fehle. Die Kosten dafür ließen sich nicht einmal konkret abschätzen, meinte Hofer.

Wettbewerb funktioniert

Die Preisgestaltung im Gasbereich werde von einem funktionierenden Wettbewerb getragen, betonte Miksits weiter: Die Gasversorger würden Änderungen ihrer Einstandspreise jeweils weitergeben, in beiden Richtungen. Es liege an der Versorgungs- und Verbrauchsstruktur, dass die Endkundenpreise nicht 1:1 mit Spot- oder Importpreisen steigen und sinken könnten. Bei Haushaltskunden etwa schwanke temperaturbedingt zwischen Sommer und Winter die Abnahmemenge im Ausmaß von 8:1 bis 20:1, erläuterte der Wiener-Stadtwerke-Vorstand. Wien und NÖ hätten sich voriges Jahr relativ spät zu Gaspreiserhöhungen entschlossen, obwohl die Einstandspreise bereits ab Ende 2007 kontinuierlich nach oben gegangen wären, rechnete Miksits vor.

Ab Dezember oder Jänner 2010 könnte der Anstieg der Importpreise aber schon wieder über der Entwicklung der Endkundenpreise liegen, ergibt sich aus dem Chart, wobei Miksits eine Seitwärtsbewegung erwartet. In Wien und NÖ sinkt der Gaspreis Anfang Dezember: Für einen Wienenergie-Durchschnittskunden (Jahresverbrauch 10.700 kWh) wird es 20,5 Euro/Jahr billiger. Für einen durchschnittlichen EVN-Kunden (20.000 kWh) sind es rund 56 Euro/Jahr. Eine neue Gas-Musterrechnung, deren Übernahme der Verband den Versorgern empfiehlt, soll den Verbrauchern ab 2010 mehr Preistransparenz geben.

Kosten der Vorfinanzierung und Speicherung

Neben der reinen Energiekomponente gehe es bei Erdgas auch um Kosten für die Vorfinanzierung bzw. Speicherung und den Vertrieb. Die Kosten für Speicherung und Finanzierung bezifferte Miksits mit 10 bis 20 Prozent, je nach Struktur des Kundenbedarfs. Dass "der Gasmarkt durch ein Überangebot etwas aus den Fugen geraten ist", wie Verbands-Vize EVN-Chef Burkhard Hofer sagte, und die Spotmarktpreise teils recht niedrig geworden sind, ist laut Miksits auf mangelnde Nachfrage primär der deutschen Industrie zurückzuführen. Dennoch sei der Verbrauch bei Gas durch die Wirtschaftskrise nicht so stark gesunken wie bei Strom, sagte er zur APA. Rückgänge gebe es - wenn auch gering - nur in der Industrie, nicht aber bei Haushaltskunden.

Inwieweit sich die Mitte Dezember unter Ägide von OMV und Gazprom startende österreichische Gasbörse auf die Preisbildung auswirken werde, hänge sehr stark vom Ausmaß der Liquidität an der Börse ab, sagte EconGas-Geschäftsführer Jesco von Kistowski. Im wesentlichen werde an der Gasbörse Spitzengas bzw. Überschussgas gehandelt.

Speicher gut gefüllt

Vor allem dank der gefüllten heimischen Gasspeicher, die rund die Hälfte des heimischen Jahresverbrauchs abdecken und mit denen Österreich pro Kopf gesehen an der EU-Spitze liegt, sei unser Land für eine mögliche Krise der Gasversorgung wie im vergangenen Winter noch besser gerüstet. Die Speicher seien nämlich 2009 noch weiter ausgebaut worden und würden zu Jahresende 4,63 Mrd. m3 ausmachen (je zur Hälfte RAG und OMV). Nach der Einigung zwischen Moskau und Kiew am 27. November erwarte man aber keinen Lieferstopp in diesem Winter. Mit dem weiteren Ausbau der Lager werde das Speichervolumen in Österreich bis 2011 um weitere 2,3 Mrd. m3 auf fast 7 Mrd. m3 wachsen, "das reicht dann in Summe für zehn Monate", so Kistowski. In ganz Österreich werden derzeit von Haushalten, Industrie, Gewerbe und Kraftwerken zusammen rund 8,4 Mrd. m3 Erdgas im Jahr verbraucht.

Im Jänner 2009 habe Österreich "den Super-GAU erlebt und überlebt", meinte der EconGas-Geschäftsführer. Außer durch die Speicher sei Österreich auch auf Basis der langfristigen Lieferverträge, der diversifizierten Herkunft und der flexiblen Reaktion der Gasbranche selbst "bestens aufgestellt". Das Krisenmanagement der Unternehmen habe funktioniert, sodass keine regulierenden Maßnahmen der Behörden notwendig geworden seien.

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