Möglichst viele Menschen sollten sich möglichst bald gegen die "normale" saisonale Influenza per Impfung schützen lassen, raten österreichische Experten. In den kommenden Wochen und Monaten drohen nämlich zumindest zwei Krankheitswellen: Zuerst wahrscheinlich die Schweinegrippe - und danach die saisonale Influenza.
"Ich glaube, wir werden zuerst die Pandemie haben - und dann im Jänner/Februar eine zweite Welle mit der saisonalen Influenza. Genau dem können wir vorbeugen", ist der Wiener Lungenspezialist Wolfgang Popp überzeugt. Während es den Impfstoff gegen die neue A(H1N1)-Influenza wahrscheinlich erst in einigen Wochen geben wird, liegt in den Apotheken bereits die Vakzine gegen die erwartete saisonale Influenza.
Obwohl pro Jahr rund 400.000 Österreicher an der saisonalen Influenza erkranken und Experten von jährlich rund 4.000 Todesfällen ausgehen, lassen sich viel zu wenige Menschen gegen die Erkrankung impfen. Der Wiener Sozialmediziner Michael Kunze: "Nur 37 Prozent der über 65-Jährigen waren in der Saison 2007/2008 gegen Influenza geimpft.
Unter den chronisch Kranken waren es lediglich 19 Prozent - und unerklärlicherweise lässt sich nur jeder fünfte in der Risikogruppe des medizinischen Personals impfen. Dabei könnten wir uns durch mehr Impfungen 'locker' 100.000 Erkrankungen ersparen. Da brauche ich keine Regierungsklausur." Im Querschnitt würden sich aber nur 12 Prozent der Österreicher gegen die Influenza schützen lassen.
Österreichweite Impfung würde sich "rechnen"
Eine breite Durchimpfung gegen die normale Influenza würde auf jeden Fall für Gesundheitswesen und Volkswirtschaft Einsparungen bringen. Popp: "Das führt zu 50 Prozent weniger Spitalsaufnahmen, die Mortalität sinkt um 50 bis 60 Prozent. Ein Euro ausgegeben für die Impfung erspart dem Gesundheitswesen drei Euro. Wenn man 400 Kinder gegen die Influenza impft, verhindert man einen Todesfall bei alten Menschen, weil die Enkel die Großeltern nicht anstecken."
Die WHO fordert spätestens bis 2010 eine Durchimpfungsrate gegen die normale Influenza von 75 Prozent bei den über 65-Jährigen, chronisch Kranken und Immungeschwächten sowie Personen mit beruflich hohem Infektionsrisiko sowie Fernreisenden. Eine Risikogruppe sind auch Schwangere.
Wären möglichst viele Menschen gegen die saisonale Influenza geschützt, könnte das auch bei der Bekämpfung der Schweinegrippe helfen: Die Experten fürchten nämlich auch Doppelinfektionen mit verschiedenen Virus-Stämmen, was die Wahrscheinlichkeit des Entstehens neuer Viren erhöht.
In Sachen Schweinegrippe hatte der Wiener Infektiologe Christoph Wenisch am Kaiser-Franz-Josef-Spital auch bereits zwei schwere Fälle zu betreuen: "Ein Patient war ein Amerikaner, um die 32 Jahre, der nach der H1N1-Infektion auch noch eine Legionellen-Pneumonie entwickelte."
Der zweite Fall war eine 22-jährige Frau, die eine A(H1N1)-Lungenentzündung entwickelte. Davor haben die Fachleute rund um die Pandemie derzeit am meisten Angst, weil diese Patienten oft wochenlang auf Intensivstationen betreut und beatmet werden müssen. Hier tut sich leicht ein Kapazitätsengpass auf.