Opel-Deal wird zum Thriller

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James-Bond-Erfinder Ian Fleming hätte seine Freude daran. Je länger sich der Verkauf von Opel hinzieht, umso mehr gewinnt der Verhandlungsprozess Züge eines Agententhrillers. Die Gespräche zwischen dem US-Autobauer General Motors und dem Opel-Interessenten Magna mit seinen russischen Verbündeten Sberbank und GAZ erinnern an einen politischen Poker zwischen Ost und West aus Zeiten des Kalten Krieges.

Es geht um Einblick der Russen in US-Rüstungstechnologie und den Zugang der Amerikaner zu den reichen Stahlvorkommen Russlands - zumindest beharren darauf einige Beobachter. "Opel - das sind vier Buchstaben, aber dahinter steckt viel mehr", ist ein Insider überzeugt. Kein Wunder also, wenn der Verkaufsprozess länger dauert als gedacht.

Seitdem Magna den italienischen Konkurrenten Fiat Ende Mai vorerst einmal aus dem Feld geschlagen hat, gibt es kaum erkennbare Fortschritte. Weiterhin versuchen Magna und der US-Investor RHJ, der Favorit von GM, das Rennen für sich zu entscheiden. In den Gesprächen zwischen GM und dem von deutscher Bundesregierung und Belegschaft favorisierten Bieter Magna tauchen immer neue Punkte auf, die einen Abschluss des Geschäfts verzögern. Ein Knackpunkt dabei ist der Zugriff auf Patente - auf geistiges Eigentum aus dem Topf von GM. Und hier öffnet sich der Raum für die Vermischung von Fakten und Fiktion.

Angst vor Patent-Drift nach Osten

Die US-Regierung will sich aus dem Verkauf von Opel raushalten. Gleichzeitig berichten aber deutsche Medien, die US-Regierung habe GM angewiesen, keinen Vertrag mit Magna und damit auch den Russen abzuschließen, solange diese Zugriff auf GM-Patente bekämen. Damit wollen die Amerikaner verhindern, dass im Zuge des Verkaufs auch Rüstungstechnologie, die im GM-Patentpool lagert, in die Hände des ehemaligen Erzfeindes Russland gelangt. Weniger zimperlich war GM beim Verkauf der Geländewagenmarke Hummer an den Hersteller Tengzhong aus dem kommunistischen China. Dabei wurde der Wagen zuerst als Militärfahrzeug entwickelt. Inzwischen ist er bei Hollywoodstars und Rapmusikern ein Statussymbol.

Andere Eingeweihte munkeln von geheimen Vorabsprachen zwischen Deutschland und Russland. Angeblich habe die Bundesregierung bei einem konspirativen Treffen am Tag der Bundespräsidentenwahl in Berlin bereits eine Geheimabsprache mit den Russen getroffen, Opel an Magna zu verkaufen. "Das ist so geheim, davon weiß noch nicht einmal Merkels Ehemann etwas", sagte ein Berater. Wie viel Wahrheit hinter solchen Berichten steckt, mag dahingestellt sein - Verschwörungstheoretiker haben Hochkonjunktur.

Dennoch belegen diese Thesen: die nüchternen Fakten werden zusehends von politischen Mutmaßungen und Erwägungen überwuchert. Dass der Opel-Poker Politiker der verschiedensten Couleur in den heraufziehenden Wahlkämpfen in Bund und einigen Ländern zur Kommentierung reizt, kann nicht wundern. Große Wirkung hat dieser politische Druck aber bisher keine. Eines will kein Politiker: Vor den Wahlen eine Opel-Insolvenz riskieren und sich damit als Totengräber für die Rüsselsheimer Traditionsmarke erweisen. Daher spricht wenig für eine schnelle Entscheidung im Bieterkampf mit der Aussicht auf Staatshilfen in Milliardenhöhe. "Mit dem Thema kann man keinen Blumentopf gewinnen", merkt ein Koalitionspolitiker trocken an.

Kein Wunder also, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bisher öffentlich nicht in die Verhandlungen eingemischt hat und die Arbeit großteils dem deutschen Wirtschaftsministerium überlässt. Dessen Chef Karl-Theodor zu Guttenberg sieht die Angebote eher skeptisch und liebäugelt seit geraumer Zeit mit einer Insolvenz von Opel. Dennoch hoffen die Opel-Arbeiter, denen wegen des ständigen Hin und Her langsam der Geduldsfaden reißt, auf ein baldiges Machtwort der Kanzlerin. Sie trifft am Freitag den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew in Sotschi. Zumindest am Rande dürften die beiden auch wieder über das Angebot von Magna und seinen russischen Partnern sprechen.

Dass das Treffen zwischen Merkel und Medwedew einen Durchbruch bringt, ist unwahrscheinlich. Schließlich fehlt mit US-Präsident Barack Obama der dritte gewichtige politische Verhandlungspartner am Tisch. Sollte der nervenaufreibende Poker tatsächlich einmal Stoff für einen der Agentenfilme hergeben, muss 007 seinen Aston Martin wohl gegen einen Opel eintauschen.

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