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Zahl der Lehrlinge in Österreich nach Pandemie wieder stabil

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Die Zahl der jungen Menschen, die hierzulande eine Lehre beginnen, ist seit dem Höhepunkt der Pandemie wieder stabil.

Mit Ende September befanden sich österreichweit insgesamt 108.091 Lehrlinge in Ausbildung. Mit einem Plus von 6,8 Prozent verzeichnete die Zahl der Lehranfängerinnen und Lehranfänger in Österreich laut Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) heuer deutlich höhere Zuwachsraten als in den vergangenen Jahren. Ohne Job waren im September insgesamt 306.159 Personen.

Im Pandemiejahr 2020 war die Zahl jener Personen, die sich in einer Lehre befinden, um 9,1 Prozent gesunken, ein Jahr später betrug die Zuwachsrate 4,4 Prozent. Heuer habe sich der heimische Lehrstellenmarkt wieder klar stabilisiert, sagte der Arbeits- und Wirtschaftsminister am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Insgesamt 32.314 Personen haben heuer im September eine Lehre in einem Unternehmen begonnen. Tourismus und Freizeitwirtschaft, Banken und Versicherungen, sowie Information und Consulting waren die Branchen mit den kräftigsten Zuwächsen an Lehrlingen. "Die Arbeitsmarktsituation bei der Jugend entwickelt sich durchaus positiv", sagte auch Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP). Die Zahl der offenen Lehrstellen (sofort verfügbar) in Österreich erhöhte sich im September um 10,3 Prozent auf 12.225 Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr. Demgegenüber standen 7.446 Lehrstellensuchende. Dementsprechend gab es hierzulande im September einen Lehrstellenüberhang von 4.779 Lehrstellen.

Ende September sei zudem die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich laut Plakolm um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Nach aktuellen Daten von Eurostat lag die saisonbereinigte Jugendarbeitslosenquote hierzulande mit 10,6 Prozent unter dem EU-27-Durchschnitt von 13,8 Prozent.

"Mit der Lehre haben wir ein Instrument, wofür uns viele Länder der Welt beneiden", sagte Kocher. Er habe gerade ein Abkommen mit den USA zur wechselseitigen Zusammenarbeit im Bereich der Lehre abgeschlossen, in den nächsten Wochen würden Reisen nach Thailand und Indonesien folgen. Österreich gelte hier weltweit als Vorbild, so der Arbeits- und Wirtschaftsminister. "Gerade in einer Zeit, wo Fachkräftemangel sich auch demografisch verstärken wird, ist die Lehre eine gute Chance für junge Menschen", betonte er.

Auch Plakolm bezeichnete die Lehre als "internationales Erfolgsmodell", von dem sich viele andere Länder eine Scheibe abschneiden könnten. Das sehe man besonders deutlich bei internationalen Berufsmeisterschaften, bei denen Österreich teils mehr Medaillen mit nach Hause bringen würde, als bei Skiweltmeisterschaften, so die Jugendstaatssekretärin.

Insgesamt befand sich die Arbeitslosenquote in Österreich Ende September laut Kocher mit 5,7 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 14 Jahren. 237.409 Menschen waren in Österreich im September arbeitslos gemeldet, um 31.841 weniger als im Vergleichsmonat 2021. Die Anzahl der Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmer hat gegenüber dem Vorjahresmonat um 514 auf 68.750 Personen abgenommen, womit derzeit 306.159 Menschen ohne Job sind.

"Viel wird in diesen Tagen von dunklen Wolken am Konjunkturhimmel gesprochen, die angeblich schon zu sehen sind. Krieg, Pandemie, enorme Teuerung und vor allem hohe Energiepreise sorgen uns mit Recht und lassen bereits so manchen das Wort Rezession verwenden. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen stehen so negativen Einstellungen klar entgegen", kommentierte Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarkservice (AMS), die aktuellen Arbeitsmarktdaten. Österreichs Unternehmen würden derzeit noch immer "massiv Personal suchen". Laut AMS gebe es österreichweit derzeit rund 129.000 offene Stellen, das sind um rund +13,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. "Klar ist, dass der enorme, fast extreme Wirtschaftsaufschwung nun vorbei ist, eine echte Rezession erwarte ich - solange Gas fließt - jedoch nicht", so Kopf in einer Aussendung.

Auch Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer (AK), zeigte sich erfreut über die aktuellen Entwicklungen am heimischen Arbeitsmarkt. Es seien jedoch auch das "besondere Engagement und gezielte Vermitteln durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AMS, das diese positive Entwicklung ermöglicht", so die AK-Präsidentin in einer Aussendung. Aus Sicht der AK sei es daher "völlig unverständlich, dass die Bundesregierung 250 Planstellen beim AMS abbauen will", schrieb sie. Kritik übte sie ebenfalls an der geplanten Reduktion des Arbeitsmarktbudgets für 2023. "Wenn Bundesminister Kocher ankündigt, dass er Maßnahmen wie "Sprungbrett" für die Wiedereinstellung Langzeitarbeitsloser oder die Qualifizierungsoffensive fortsetzen möchte, wird er dafür die entsprechenden Mittel brauchen. Derzeit sind diese aber nicht vorgesehen", so Anderl in der Aussendung.

Laut dem Stellenmonitor des Wirtschaftsbunds gab es im September sogar 256.203 offene Stellen. "Diese Zahl ist nach wie vor auffallend hoch", so Kurt Egger, Generalsekretär der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund. Angesichts von Energiekrise und Arbeitskräftemangel stünden zahlreiche Existenzen auf dem Spiel. "Es müssen endlich sowohl kurz-, als auch langfristige Maßnahmen umgesetzt werden, Denkverbote haben keinen Platz", schrieb Egger in einer Aussendung. Der Wirtschaftsbund fordert unter anderem eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden, ein Anreizmodell, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer motiviert, länger im Erwerbsleben zu bleiben, aber auch Stundungen, Garantien und Verlustvorträge zur Liquiditätssicherung von Unternehmen.

Ingrid Reischl, leitende ÖGB-Sekretärin, forderte angesichts der aktuellen Arbeitsmarktzahlen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent Nettoersatzrate. "Wenn nicht jetzt bei mehr als 10 Prozent Inflation, wann wollen Sie dann das Arbeitslosengeld erhöhen?", schrieb Reischl in einer Aussendung in Richtung Bundesregierung. Zwar sei vor kurzem die Valorisierung der Sozialleistungen beschlossen worden, das Arbeitslosengeld sei laut ihr aber nicht dabei gewesen. "Es ist unverständlich, dass diese Gruppe hier ausgespart wird", so Reischl.

Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, forderte "umfassende Reformschritte" mit Blick auf die aktuellen Arbeitsmarktdaten. "Es braucht jetzt eine umfassende Reform der Arbeitslosenversicherung, die Menschen wieder rasch in Beschäftigung bringt und Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit fördert. Es gilt Beschäftigungsanreize zu stärken und das vorhandene Potenzial am österreichischen Arbeitsmarkt gezielt zu heben", so Neumayer in einer Aussendung.

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