Schienenkartell

voestalpine muss 6,4 Mio. Euro Strafe zahlen

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Illegale Preisabsprachen: 100 Mio. Euro Strafe für acht Unternehmen.

Wegen illegaler Preisabsprachen hat das deutsche Bundeskartellamt im zweiten Teil des Verfahrens, das Lieferungen an Nahverkehrsunternehmen betrifft, die acht beteiligten Unternehmen am Dienstag zu weiteren Geldstrafen in Höhe von insgesamt knapp 100 Mio. Euro verdonnert. Die höchste Strafe hat der angeschlagene deutsche ThyssenKrupp-Konzern ausgefasst, er muss 88 Mio. Euro bezahlen. Über die österreichische voestalpine wurde eine Geldstrafe von 6,4 Mio. Euro verhängt. Auf die Braunschweiger Firma Schreck-Mieves entfallen 2,0 Millionen Euro.

Bereits im ersten Verfahren, in dem es um Aufträge der Deutschen Bahn ging, hatte die Behörde ein Strafgeld von 103 Mio. Euro gegen ThyssenKrupp verhängt. Für ThyssenKrupp ist der Fall noch lange nicht erledigt. Nach der Deutschen Bahn dürften nun auch Nahverkehrsunternehmen Schadenersatz vom Schienenkartell fordern. Die Düsseldorfer Rheinbahn kündigte dies umgehend an.

Kartellamt: Absprachen von 2001 bis 2011
Das Kartellamt wirft den Unternehmen vor, bei Ausschreibungen von Nahverkehrsunternehmen, Privat-, Regional- und Industriebahnen unter anderem Preise abgesprochen zu haben. Dabei sei es um Lieferungen von Schienen, Schwellen und Weichen von 2001 bis 2011 gegangen. "Das Unternehmen, das den jeweiligen Auftrag erhalten sollte, wurde in dem Vergabeverfahren zum Teil auch als 'Spielführer' beziehungsweise 'Führender' bezeichnet. Dem 'führenden Unternehmen' kam dann bei der Umsetzung der Absprache eine organisatorische und koordinierende Funktion zu", erläuterten die Wettbewerbshüter. Die Firma habe den anderen die Preise vorgegeben, die diese dann in ihren Schein-Angeboten nannten.

ThyssenKrupp erklärte, das neue Bußgeld sei durch die bereits gebildeten Rückstellungen von 207 Mio. Euro gedeckt. Vorstandchef Heinrich Hiesinger verwies auf die Bemühungen des Konzerns, die Teilnahme an Preisabsprachen und Kartellen zu unterbinden. "Wer nicht mitzieht, hat bei uns nichts zu suchen." Im Gegensatz zu voestalpine hat sich ThyssenKrupp noch nicht mit der Deutschen Bahn auf die Zahlung von Schadenersatz geeinigt. Der Staatskonzern hat in seiner Klage gegen die Schienenkartellsünder den Streitwert auf 550 Mio. Euro beziffert.

Schadensausmaß noch unbekannt
Mit der Geldstrafe im zweiten Verfahren ist nun auch für Nahverkehrsunternehmen der Weg frei, Schadenersatz geltend zu machen. Das Land Nordrhein-Westfalen und einige Kommunen hatten erklärt, dies zu prüfen. "Wir werden auf jeden Fall Schadenersatz geltend machen", sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Rheinbahn der Nachrichtenagentur Reuters. Sollte es keine Einigung geben, werde das Unternehmen Klage einreichen. Die Höhe des Schadens lasse sich noch nicht beziffern. In früheren Schätzungen hatte die Rheinbahn von etwa 3 Mio. Euro gesprochen. ThyssenKrupp erklärte, erste Gespräche mit betroffenen Unternehmen zu führen. Diese befänden sich noch am Anfang. Die Schadensermittlung sei komplex, das Ergebnis offen.

Insgesamt 232 Mio. Euro Strafzahlungen

Allein die Strafen belaufen sich nun auf 232 Mio. Euro. Das Schienenkartell-Verfahren war dem Kartellamt zufolge 2011 durch einen Kronzeugenantrag von voestalpine ausgelöst worden. Die Österreicher richten sich bereits auf weitere Schadenersatzansprüche ein. "Wir sind uns der besonderen Verantwortung gegenüber unseren Kunden im Zusammenhang mit diesem Kartellverfahren bewusst", erklärten sie. voestalpine wolle mit den betroffenen Kunden rasch Verhandlungen aufnehmen.

ThyssenKrupp-Chef Hiesinger zog am Dienstag auch eine erste Bilanz des Mitte Juni ausgelaufenen "Amnestieprogramms", in dem die Mitarbeiter ohne Sorge vor Schadenersatzansprüchen oder Kündigungen auf Missstände aufmerksam machen sollten. Dies habe zu mehr als 20 Hinweisen geführt. Es seien keine schwerwiegenden Verstöße festgestellt worden. Es habe auch keine Hinweise auf die laufenden Untersuchungen des Kartellamts zu möglichen Preisabsprachen bei Stahllieferungen für Autohersteller gegeben.

Die Bonner Behörde hatte deswegen Ende Februar Geschäftsräume von ThyssenKrupp Steel Europe, voestalpine und weiteren Firmen durchsucht. Sollten die Vorwürfe zutreffen, drohen weitere hohe Bußgelder und Schadenersatzklagen. "Derzeit können signifikante Risiken für Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns nicht ausgeschlossen werden", erklärte ThyssenKrupp.
 


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