Mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung ist der hoch verschuldete Autozulieferer seine ärgsten Finanzsorgen fürs erste los. Dem hannoverschen Konzern fließen mit der blitzartig durchgezogenen Transaktion 1,08 Mrd. Euro zu. Großaktionär Schaeffler kann trotzdem die für eine Conti-Beherrschung erforderliche Mehrheit von 75,1 % der Anteile sichern.
Einen Großteil der neuen Aktien haben die Banken schon im Voraus bei zehn großen Fondsgesellschaften und anderen Investoren untergebracht. Die Conti-Aktie legte am Donnerstag (7.1.) zeitweise um mehr als 12 % zu und erreichte mit 46 Euro den höchsten Stand seit 15 Monaten. Das lange Warten auf die Kapitalmaßnahme hatte das Papier belastet.
Mit dem Geld zahlt der durch den Kauf der Siemens-Autoelektroniksparte VDO geplagte Konzern einen Teil eines 3,5-Milliarden-Euro-Kredits zurück, der im Sommer fällig geworden wäre. Der Rest dieses Kredits war schon im Dezember verlängert worden - unter der Voraussetzung, dass die Kapitalerhöhung über die Bühne gehen würde. Deshalb profitierten auch die Commerzbank-Aktionäre von den Neuigkeiten. Der Aktienkurs des mit mehr als fünf Mrd. Euro größten Conti/Schaeffler-Gläubigers zog um 4,4 % an.
Die 31 Mio. neuen Conti-Aktien werden zu je 35 Euro ausgegeben, ein Abschlag von 14 % zum Mittwoch-Schlusskurs. Keiner der neuen Aktionäre, die vor allem aus Großbritannien und den USA kommen, werde mehr als 3 % halten, sagten beteiligte Banker.
Der Streubesitz steigt auf fast 25 von bisher 11 %. Die verbleibenden Aktien im Wert von rund 250 Mio. Euro sollen voraussichtlich am Montag im beschleunigten Verfahren platziert werden. Dabei werden auch die Papiere vorläufig zugeteilt, für die die Kleinaktionäre ein Bezugsrecht haben. Dieses Verfahren war bereits im Herbst von HeidelbergCement mit Erfolg erprobt worden.
Schaeffler hatte selbst kein Geld, um bei der Kapitalerhöhung mitzuziehen, wollte aber unbedingt verhindern, dass dadurch die eigene Conti-Beteiligung auf unter 75 % verwässert wird. Denn in diesem Falle hätte der fränkische Konzern auf den angestrebten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verzichten müssen. Dieser ist einer Investorenvereinbarung zufolge aber frühestens in drei Jahren möglich.
Gutes Timing
Conti wird ein gutes Timing bescheinigt: Die Aktienmärkte hatten in den vergangenen acht Wochen 10 % zugelegt. Der Kurs der Conti-Aktie hatte sich seit dem Tiefstand im Februar vervierfacht. "Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler wollte, dass die Kapitalerhöhung schnell und geräuschlos abgewickelt wird", sagte eine mit der Transaktion vertraute Person.
"Es galt, das günstige Zeitfenster an den Märkten nicht zu verpassen." Daher habe Conti auf eine breite Platzierung nach einer zweiwöchigen Roadshow verzichtet. Die Investmentbank Goldman Sachs überraschte mit dem Blitz-Deal Finanzkreisen zufolge auch ihre Konsortialpartner Deutsche Bank und JPMorgan. Für diese Institute fallen nun geringere Gebühren ab.
Die restlichen Bankverbindlichkeiten von Conti werden zum größten Teil 2012 fällig. Um dann nicht erneut in Bedrängnis zu kommen, will Conti eine Hochzinsanleihe begeben - im Gespräch sind rund 2 Mrd. Euro. Nach der Kapitalerhöhung haben Banker damit aber keine Eile. "Das wird vor allem dazu dienen, die Schuldenstruktur zu optimieren - auch hinsichtlich der Laufzeit und Tilgungsstruktur", hieß es in Unternehmenskreisen.
Die Zusammenlegung der operativen Geschäfte von Conti mit dem von Schaeffler könnte nach dem Sommer wieder akut werden. "Das ist ein Thema für Ende 2010, Anfang 2011", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. Bis dahin sollen auch gemeinsame Projekte umgesetzt werden.
"Zunächst geht es darum, dass beide Firmen ihre Ergebnisse stabilisieren", sagte anderer Insider. Die Verschrottungsprämie hatte beiden Unternehmen zuletzt wieder zu mehr Aufträgen verholfen. "Schaeffler hat seinen Geschäftsplan für 2009 deutlich erreicht", sagte ein Insider. Früheren Informationen aus Kreisen zufolge dürfte Schaeffler 2009 rund 7,5 Mrd. Euro umgesetzt und operativ mehr als 200 Mio. Euro verdient haben.