Steuer-CD: Mehr als 3.000 Selbstanzeigen in Deutschland

Teilen

Als Reaktion auf den geplanten Kauf einer CD aus der Schweiz mit Kontodaten mutmaßlicher Steuerhinterzieher haben in Deutschland schon mehr als 3.000 Menschen Selbstanzeige erstattet. Spitzenreiter ist nach einer Umfrage bei den Finanzministerien der Bundesländer vom Donnerstag Bayern, wo sich seit Anfang Februar 644 Menschen angezeigt haben. Aus der Koalition gab es Forderungen, die Straffreiheit bei Selbstanzeigen abzuschaffen.

In Nordrhein-Westfalen zählten die Behörden 572 Selbstanzeigen, in Baden-Württemberg waren es 566. In einigen Bundesländern verdoppelte sich im Vergleich zur Vorwoche die Zahl der Selbstanzeigen. So stieg die Zahl in Hessen von 113 auf 330, in Schleswig-Holstein von 36 auf 86. In Bayern hatten die Behörden Ende vergangener Woche erst 291 Anzeigen gezählt. Allerdings machten nicht alle Ministerien genaue Angaben darüber, ob die Betroffenen Geld auf Konten in der Schweiz oder möglicherweise in anderen Ländern gelagert hatten.

Die wenigsten Selbstanzeigen registrierten die ostdeutschen Bundesländer: An der Spitze lagen hier Brandenburg und Sachsen mit jeweils 17 Selbstanzeigen, gefolgt von Thüringen (6), Mecklenburg-Vorpommern (5) und Sachsen Anhalt (4). Die geringste Zahl von Selbstanzeigen bei den westdeutschen Bundesländern verzeichneten bisher Bremen (27) und das Saarland (34).

Insgesamt erwarten die Bundesländer jetzt Steuernachzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. So geht es allein in Niedersachsen bei den bisher 296 Selbstanzeigen um nachträglich gemeldete Kapitalerträge in Höhe von knapp 63 Mio. Euro, was Nachzahlungen von insgesamt 21,3 Mio. Euro bringen könnte. Die Behörden in Hamburg erwarten infolge der bisher 136 Selbstanzeigen geschätzte 23 Mio. Euro an Nachzahlungen.

Ein Informant hatte den deutschen Behörden eine CD mit Daten von hunderten Anlegern mit Schweizer Konto angeboten und im Gegenzug 2,5 Mio. Euro verlangt. In den vergangenen Tagen waren mehreren Bundesländern weitere CDs mit möglicherweise gestohlenen Informationen über deutsche Steuerflüchtlinge zum Kauf angeboten worden.

Gemäß der deutschen Abgabenordnung können sich Steuerhinterzieher durch Selbstanzeige vor Strafe retten und müssen lediglich Steuern und Zinsen nachzahlen. Bei Vertretern der Regierungsfraktionen stößt dies inzwischen aber auf Kritik, zumal es eine vergleichbare Regelung bei anderen Straftaten nicht gibt. Die momentane Entwicklung der Selbstanzeigen "pervertiere den Sinn des Gesetzes", sagte der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach. Sie zeige, dass Selbstanzeigen nicht aus Reue, sondern aus Angst vor Entdeckung vorgenommen würden. Michelbach forderte im ARD-Magazin "Panorama" daher die Abschaffung dieser Regelung.

Auch der Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Volker Wissing (FDP), stellte in "Panorama" das Instrument der Selbstanzeige in Frage. Wissing beklagte, das Gesetz werde "oft missbraucht", es bestehe eine "krasse Gerechtigkeitslücke." Eine Diskussion über den Sinn der Vorschrift sei überfällig. Laut "Panorama" steigert die Selbstanzeigen-Regelung sogar die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung. Banken und manchmal sogar Finanzämter selbst würden Steuersünder meist rechtzeitig vor einer drohenden Enttarnung warnen, so dass sie noch fristgerecht eine Selbstanzeige erstatten können.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.