Die Muskeln werden nach Expertenansicht zu selten als Schmerzauslöser erkannt. "Das betrifft Schmerzen am Bewegungsapparat genauso wie Beschwerden, die als Organschmerzen empfunden werden", sagte Experte Hannes Müller-Ehrenberg. Selbst eine Harnwegentzündung könne durch eine beeinträchtigte Muskulatur des Beckenbodens ausgelöst sein, oder Ohrenschmerzen durch einen verspannten Halsmuskel.
Die Muskeln machten bis zu 50 Prozent der menschlichen Körpermasse aus, "deren Fehlfunktionen und Schmerzpunkte, die sogenannten Triggerpunkte, werden aber häufig nicht erkannt". Wenn bei der Diagnose von Beschwerden und Erkrankungen Muskelprobleme zumindest mit in Erwägung gezogen würden, ließen sich etliche Operationen aus vielen Fachgebieten vermeiden, erklräte Müller-Ehrenberg. "Ärzte haben diese Möglichkeit aber zu selten auf dem Schirm."
Unter dem zuerst in den USA beschriebenen Myofasziale-Schmerz-Syndrom versteht man heftige Schmerzen der Muskulatur, die keine organische, sondern eine funktionelle Ursache haben. Bei der spezifischen Untersuchung der Muskulatur finden sich Triggerpunkte, die Auslöser für Missempfindungen und Schmerzen sind. Diese können lokal oder weit in andere Körperregionen ausstrahlen. Die Kenntnis von myofaszialen Schmerzen erlaubt nach Worten Müller-Ehrenbergs eine interdisziplinäre Betrachtung der Beschwerden des Patienten. So könne etwa bei Gesichts- oder Zahnschmerzen oder bei Beschwerden in der Brust- oder Beckenregion, bei denen keine organischen Ursachen gefunden wurden, häufig eine gezielte Triggerpunkt-Therapie helfen.
Der Orthopäde hat nach eigenen Angaben bereits vor zwei Jahren in einer Studie festgestellt, dass sich Schulterbeschwerden in den meisten Fällen auf Muskelprobleme zurückführen lassen - und konservativ etwa mit einer Stoßwellentherapie erfolgreich behandelbar sind. Operationen seien so oft verzichtbar.