Prägende Erlebnisse

Boris Becker: Drogen-Dealer als Lebensretter im Gefängnis

Boris Becker blickt in seinem Buch „Inside“ auf die härteste Zeit seines Lebens zurück. An seiner Seite: Ike, ein Drogendealer – und gleichzeitig sein Beschützer, Freund und Lebensretter hinter Gittern. 

Sie lebten monatelang „Zelle an Zelle“: Boris Becker (57), der dreifache Wimbledon-Champion, und Ike, ein ehemaliger Drogendealer, der weltweit aktiv war. 2022 musste Becker wegen Insolvenzstraftaten knapp acht Monate in England hinter Gittern verbringen – vier Wochen in Wandsworth, den Rest im 70 Kilometer entfernten Huntercombe.

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In seinem Buch „Inside“ schildert Becker nun eindrücklich, wie sehr ihm Ike in dieser schweren Zeit half. Ike, der bereits zwölf Jahre Haft hinter sich hatte, beeindruckte nicht nur durch seine Größe und Muskeln, sondern auch durch seine ruhige Art. Becker schreibt: „Obwohl Ike ein großer Mann war und schlimme Dinge getan hatte, war er nicht bedrohlich. Er hörte zu. Und Muskeln waren in Huntercombe wichtig. Aufgrund unserer Verbindung färbte etwas davon auch auf mich ab.“

Von Gym-Partnern zu Lebensrettern

Beide trainierten zweimal täglich im Gefängnis-Gym und kamen so ins Gespräch. Ike arbeitete in der Wäscherei – eine machtvolle Position im Knast. Gemeinsam besuchten sie Gottesdienste, duschten in Gruppen und teilten das Essen. Besonders beeindruckend: Ike lud Becker regelmäßig in seine Zelle zum Lunch ein und bereitete für ihn Fufu, eine westafrikanische Spezialität aus Maisbällchen in einer würzigen Soße. „Ich verstand, welche Ehre mir widerfuhr: Mein Nachbar teilte sein Brot mit mir“, erinnert sich Becker.

Becker Inside
© Ullstein

Die Verbindung war so stark, dass Becker sich während der gesamten Haftzeit sicher fühlte: „Wenn ich mit Ike zusammen war, fühlte ich mich sicher“, schreibt er. Am 15. Dezember 2022 wurde Becker nach Deutschland abgeschoben, Ike folgte einige Monate später nach Hamburg.

Die Freundschaft hält bis heute

Im November 2023, zu Beckers 56. Geburtstag, überraschte ihn Ike erneut – eingeladen von Beckers Lebensgefährtin Lilian. „Es war Ike! In Anzug und Krawatte, dazu die passenden Schuhe. In Anwesenheit der Menschen, die mir am meisten bedeuteten, sagte ich zu ihm: ‚Danke, dass du mir das Leben gerettet hast‘“, erinnert sich Becker.


 

Doch Ike konnte sich in Hamburg nicht zurechtfinden. „Die Welt hatte sich zu sehr verändert. Er konnte mit dem Tempo des modernen Lebens nicht Schritt halten“, schreibt Becker. Deshalb kehrte Ike nach Nigeria zurück.

Becker endet seine Erinnerungen mit bewegenden Worten: „Ich denke viel an ihn – an seine Gebete, seine Gespräche mit Gott, seine Liebe zum Gym und das Fufu, das er für uns gekocht hat. Und an das Gefühl der Sicherheit in einer Zeit, in der alles über mir hätte zusammenbrechen können. Ich hoffe, dass er seinen Frieden gefunden hat.“

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