Mick Jagger füllt mit den Stones weltweit die Stadien. Sein kleiner Bruder Chris Jagger lockte am Mittwoch jedoch kaum 100 Besucher zu seinem Wien-Gig.
Das Happel Stadion war für ein Sommer-Konzert bereits reserviert. Doch Ende Jänner stoppten die Rolling Stones völlig überraschend ihre schon sehr weit fortgeschrittenen Tourpläne. Jetzt spielte dennoch ein Jagger in Wien auf. Freilich nicht die weltbekannte Oberlippe Mick, sondern sein deutlich introvertierterer kleiner Bruder Chris. Und das natürlich auch nicht im ausverkauften Stadion, sondern in der halbleeren Szene Wien.
Kaum 100 Besucher fanden sich am Mittwoch dort unter dem Motto „Gemma Jagger schaun“ ein und frönten dem Blues. Und das im wahrsten Sinne. Chris Jagger, um knapp vier Jahre jünger, aber um gefühlt Jahrzehnte steifer als der dauerzappelnde Stones-Pfau, stimmte in Wien durchschnittliche Blues-Rocker wie „Bucket‘s Gotta Hole“ oder „My Little Roadrunner“ und die Essenz der der auch schon 2021 veröffentlichten CD „Mixing Up The Medicine“ an.
Dazu gab‘s als Highlight eine ziemlich spontane Jam-Session rund um „On The Road“ mit den Musikern der heimischen Vorgruppe The Blues Infusion. Allesamt solid, aber kein Vergleich zu den ewigen Hymnen seines Bruders, den er ja nun bei „It's Amazing (What People Throw Away)“ ins Spiel brachte: „If he's a Rolling Stones or a Beatles fan, that's the game“.
In Summe war Chris Jagger, der seine Setliste auf einen Papp-Teller(!) niederschrieb, in der Szene von der ewigen Rock-, Mode- und Sex-Ikone Mick Jagger in etwa so weit entfernt wie Langenzersdorf von Los Angeles. Auch in puncto Geschäftssinn: Fahren die Stones bei ihren Konzerten mit einem Amazon-artigen Merchandising-Überangebot auf, so hatte der kleine Jagger in Wien nur eine Handvoll CDs dabei. „Wenn ihr die kauft kann ich mir ein Taxi zurück zum Hotel leisten!“