Dauerfeuer auf den Vorsitzenden

Sobotka: 'Irgendwie soll ich mürbe gemacht werden'

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Schlachtfeld U-Ausschuss – und der Nationalratspräsident ist unter Dauerbeschuss: Wolfgang Sobotka (64) geht in die Gegenoffensive und kritisiert Neos- und SPÖ-Abgeordnete.

Wien. Der frühere Innenminister und jetzige Nationalratspräsident hat jetzt sogar eine Anzeige am Hals: SPÖ und Neos brachten eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein, in der Wolfgang Sobotka eine Falschaussage beim Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen wird. Er hätte als Zeuge nicht korrekt über den Umfang der Leistungen vom Glücksspielkonzern Novomatic an das Alois-Mock-Institut Auskunft gegeben. Bekanntlich ist Sobotka Präsident des Instituts.
 
Der Dirigent des Waidhofener Kammerorchesters und Vater von acht Kindern will dem Druck weiterhin standhalten, sagt er im großen Interview mit dem INSIDER: „Ein simpler, hundsnormaler Vorgang wird jetzt kriminalisiert.“
 

Wenig Verständnis für das Desinteresse an großen Themen

 
Förderung. Und Wolfgang Sobotka erinnert im Gespräch in seinem Büro im Parlamentscontainer direkt am Burggarten an die österreichische Realität: „Die Novomatic hat genügend andere Parteien gefördert und Inserate geschaltet.“
 
Auch kann der Ausschuss-Vorsitzende nicht ganz verstehen, dass die Abgeordneten wochenlang sehr emotional die Verzögerung der Lieferung des Ibiza-Videos von der Justiz an den U-Ausschuss kritisiert haben – und jetzt nicht mehr über dieses Beweismittel sprechen. (rs)
 

Wolfgang Sobotka im Interview

 
INSIDER: Kaum ein Tag vergeht ohne ­heftige Angriffe gegen Sie – was ist dran an den ­Vorwürfen?
 
Wolfgang Sobotka: In der Aufregung, die da manche streuen, will ich eigentlich gar nicht zusätzlich was ­liefern. Mich irritiert das, wenn dann in den Medien kommt: „Die Staatsanwaltschaft sieht das und das bedenklich.“ Und dann fragst du nach: Wo steht das? Da halte ich es damit: Die eigene Meinung: ja. Die eigenen Fakten: nein. Das ist so bezeichnend für unsere Zeit, dass viele mit Unterstellungen arbeiten – und dann auch noch behaupten: „Das ist so“.
 
INSIDER: Die Kritik ist also nicht gerechtfertigt?
 
Sobotka: Nein, da braucht’s aktuell ja für nichts mehr einen Beweis. Da wird einem alles in Permanenz an den Kopf geworfen. Ein etwas entspannteres politisches Klima wäre wieder wünschenswert. Das hatte natürlich auch viel mit der Wiener Wahl am Sonntag zu tun.
 
INSIDER: Aber gibt’s da nicht auch konkrete Ursachen für diese Attacken gegen Sie?
 
SOBOTKA: Da gibt’s mehrere Gründe. Und: Die Angriffe sind nicht neu. Die werden doch schon seit April permanent von „K & K“, von Krisper und Krainer, geritten. Dann hat sich auch noch der freiheitliche Abgeordnete Christian Hafenecker angeschlossen. Und jetzt kommen auch noch wohlmeinende Ratschläge von den Grünen. Das macht die Sache nicht besser. Es war aber alles nur ein Getöse vor der Wiener Wahl.
 
INSIDER: Nur ein Getöse?
 
SOBOTKA: Das ist ein Strohhalm, der ergriffen wird, um eine gewisse Stimmung zu erzeugen. Das ist auch eine fast manisch getriebene Art, einen Vorsitzenden, der sich einfach an das Gesetz, an das Recht hält, in Permanenz zu attackieren. Da soll ich irgendwie mürbe gemacht werden – aber dafür bin ich schon zu lange in der Politik, als dass ich auf dieses Schauspiel eingehe. Und noch was: Die Oppositionsparteien haben wenig Handlungsspielraum. Alles wird jetzt von zwei großen Themen überlagert: von der Gesundheits- und von der Arbeitsplatz-Thematik.
 
INSIDER: Beim Thema Inseratenschaltung der Novomatic für das Alois-Mock-Institut – war das auch bei anderen ­Parteien möglich?
 
SOBOTKA: Ein komplettes Nicht-Thema zu einem Thema zu machen ist schon eine gewisse Kunst. Wenn man versucht, das in ein schiefes Licht zu rücken, greift man zwei Dinge an: Erstens die ­soziale Verantwortung von Unternehmen, die mit ihren Erträgen auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Bei Kultur, Sport et cetera. Zweitens: Man bringt Menschen, die sich schon vor Jahren für eine unentgeltliche Kultur­arbeit entschieden haben, in ein schiefes Licht.
 
INSIDER: Und konkret zum Alois-Mock-Institut?
 
SOBOTKA: Da liegen die Fakten alle auf der Hand, es ist kein dem Parteiengesetz unterliegender Verein, das ist ein bürgerlicher Think-Tank. Auf der Homepage sind alle Kooperationspartner zu sehen, wir haben nie Spenden bekommen. Wir haben stets eine Gegenleistung für unsere Arbeit eingefordert.
 
INSIDER: Es gab jetzt mehrere Forderungen, dass Sie in diesem Fall alles aufklären sollen.
 
SOBOTKA: Ich kann gar nix aufklären. Der eine Koope­rationspartner war das Alois-Mock-Institut, der andere Novomatic. Jeder der beiden Partner hat Aufgaben selbstständig übernommen. Ich weiß, was auf meinem Konto ist. Aber ich weiß nicht, wie die das gebucht haben.
 
INSIDER: Wie kam diese Kooperation zustande, wer hat das initiiert?
 
SOBOTKA: Die Novomatic hat in ihren Geschäftsvorstellungen auch die Kontaktpflege. Auch die soziale Verantwortung. Novomatic sponsert viele Organisationen im sozialen und karitativen Bereich. Und beim Kammerorchester Waidhofen, das unterstützt worden ist, hab ich auch keine Funktion – ich bin dort nur der Dirigent. Die Novomatic hat genügend andere Parteien gefördert oder Inserate geschalten. Aber das ist wichtig: dass man nicht einen Vorgang, der ein simpler, ein hundsnormaler ist, auf einmal kriminalisiert.
 
INSIDER: Aber die Oppositionsparteien bleiben weiter bei ­ihren Vorwürfen.
 
SOBOTKA: Da versucht man irgendwas mit Parteispenden zu konstruieren. Also erstens: Die Annahme von 2.000 Euro war damals und ist auch heute nicht illegal. Zweitens: Wir waren nie eine parteinahe Organisation – das Alois-Mock-Institut stellt allen alles zur Verfügung. Und außerdem: Was hätte ich beeinflussen können? Ich war damals gar nicht in der Regierung. Das ist alles permanent unterstellend.
 
INSIDER: Wie bewerten Sie die bisherige Arbeit des Ibiza-Untersuchungsausschusses?
 
SOBOTKA: Der Ausschuss kostet Millionen. Da würde sich der Steuerzahler wohl erwarten, dass da wirklich konkret an den Ibiza-Themen gearbeitet wird. Mir tut das als Vorsitzender irrsinnig leid: Aber außer vielen Entschlagungen, außer Trivialitäten und Unterstellungen hab ich nichts feststellen können, was von Substanz gewesen wäre. Diese Situation ist nicht befriedigend.
 
INSIDER: Es gab ja viel Aufregung, dass das Ibiza-Video so spät an den U-Ausschuss geliefert worden ist – jetzt ist dieses wichtige Beweismaterial aber kein Thema mehr?
 
SOBOTKA: Ja, das hätte viel schneller kommen müssen. Jetzt ist das Video da – und interessiert niemanden mehr.
 
INSIDER: Warum interessiert das jetzt niemanden mehr? Ist das nicht ein Hauptthema?
 
SOBOTKA: Mich hat das gestört, dass dieser Untersuchungsgegenstand nicht rechtzeitig da war. Inhaltlich will ich den Abgeordneten gar nichts vorgeben.
 
INSIDER: Was für Erwartungen stellen Sie noch an den Ibiza-U-Ausschuss?
 
SOBOTKA: Ich würde mir erwarten, dass geklärt wird, welche Beeinflussung des Gesetzgebers es gegeben hat. Wer hat Druck ausgeübt, dass dann ein Gesetz beschlossen worden ist.
 
INSIDER: Jetzt kam auch eine Rücktrittsforderung vom grünen Koalitionspartner …
 
SOBOTKA: Der Ausschuss steht ja nicht im Koalitionsvertrag. Und sonst gibt’s mit den Grünen ja keine wesentlichen Probleme.
 
INSIDER: Haben Sie schon darüber nachgedacht, den Vorsitz im U-Ausschuss abzugeben?
 
SOBOTKA: Das wäre eine Pflichtverletzung. Aber natürlich könnte man sich bei einem anderen Vorsitzenden nicht so gut an dem reiben. Und eines ärgert mich auch: Zuerst basht man mich, dann sagt man, „der ist dem Haus nicht zuträglich“. Aber hallo: Bringt mir irgendeinen Pa­ragrafen, dass ich irgendwie zu handeln hätte. Nur einen.
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