Regierung

Raus aus Verbrenner-Aus reicht Kanzler nicht - das will er jetzt zusätzlich

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sah zwar Vorschläge der EU-Kommission zum Verbrenner-Aus in die richtige Richtung, diese "reichen aber noch nicht weit genug". 

Die Reaktionen aus Österreich zum Aus des Verbrenner-Aus der EU sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Hiesige Vertreter der Kfz-Industrie gaben sich jedenfalls "erleichtert" und ihre Forderungen "zumindest teilweise umgesetzt". Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sah zwar Vorschläge der EU-Kommission in die richtige Richtung, diese "reichen aber noch nicht weit genug", so Stocker in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

Die nun vorgesehene 90-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes für die Flottenziele der Automobilhersteller, sei notwendig, um ihnen "Luft zum Atmen" zu geben, so Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure in einer Aussendung.

"Der Weg hin zu Zero Emission sei vorgegeben, allerdings würden strikte Verbote nichts bringen", argumentierte Kerle. Ganz anders allerdings der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). "Das Festhalten an veralteten Technologien statt des Forcierens von Zukunftstechnologie ist aus Energie-, Wirtschafts- und Umweltsicht ein großer Rückschritt", hieß es in einer Aussendung des Mobilitätsclubs zur "Kehrtwende" der EU-Kommission.

Der Obmann des Fachverbandes der Fahrzeugindustrie, Roland Prettner, sah die Abschwächung quasi als ein Muss angesichts der Lage der europäischen Branche: "Es ist klar, dass auf die aktuellen Entwicklungen der europäischen Fahrzeugindustrie mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert werden muss, um auf dem Weltmarkt die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten und auszubauen." Daher begrüße die Industrie den Schritt der Kommission, langjährige Forderungen seien "zumindest teilweise umgesetzt" worden.

Stocker will mehr, "Mogelpackung", "Geisterfahrt", "Reparatur"

"Wir müssen offen für technologische Neuerungen sein, anstatt uns selbst ideologische Verbote aufzuerlegen", so Kanzler Stocker. "Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung, reichen jedoch noch nicht weit genug", sagte er in Richtung EU-Kommission, die auf Druck der Industrie und gewichtiger EU-Staaten reagiert hatte und das gänzliche Verbrenner-Aus nun lockern will. "So braucht es echte Technologieneutralität und einen konsequenten Übergang zu einem Lifecycle-Ansatz (Lebenszyklus-Ansatz von Produkten, Anm.)." Mehr Flexibilität bedeute mehr Innovation. Dabei müssten "Wettbewerbsfähigkeit und Klimaziele Hand in Hand gehen", diese Punkte widersprächen sich nicht. Sophia Kircher, Verkehrssprecherin der ÖVP im Europaparlament, hatte zuvor in der Lockerung ein nötiges "reparieren" eines ursprünglich falschen Vorhabens gesehen.

Eine "Mogelpackung" der europäischen Volkspartei (EVP) ortete der freiheitliche Europaparlamentarier Roman Haider. Insgesamt versuche die Kommission "weiterhin mit aller Macht, den Bau klassischer Verbrennungsmotoren und leistbaren konventionellen Fahrzeugen unmöglich zu machen".

Kritisch gab sich auch der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder. Er sprach von einem "grundlegend falschen Schritt" der Kommission die "mit rechten und konservativen Kräften auf dem Beifahrersitz mit Vollgas in Richtung Klimacrash" rase. "Diese Geisterfahrt muss enden."

Die Grüne EU-Politikerin Lena Schilling kritisierte: "Dieser Vorschlag der Kommission ist nicht nur ökologischer Unsinn, sondern ein Angriff auf die europäische Industrie." NEOS-Europaabgeordnete Anna Stürgkh sprach von einer "Kehrtwende mit der Europa das Vertrauen in die europäische Politik untergräbt". Der Wandel hin zu zukunftsfähigen Technologien werde nun wohl "noch länger verschlafen" und der "Automarkt der Zukunft anderen überlassen".

Automobiltechniker: Sinnvoller Schritt Richtung "Technologieoffenheit"

Bernhard Geringer, emeritierter Vorstand des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien, begrüßte die am Dienstag angekündigte Neuregelung im Gespräch mit der APA als "sinnvollen Schritt in die Richtung, in die man gehen will". Es käme zwar noch sehr auf die konkrete Ausformulierung der unterschiedlichen Bestimmungen an, doch dass die Materie gesamthaft gesehen würde, sei zu begrüßen. Die vielfach verlangte "Technologieoffenheit" sei damit gewährleistet. Den Kritikern einer Verschiebung des Verbrenner-Aus hielt er entgegen, sie hingen einem "Wunschdenken" nach. Bis eine flächendeckende E-Mobilität gewährleistet sei, brauche es Übergangstechnologien.

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