"Alles muss ans Licht"

Nuzzi: "Keine Angst 
vor der Kirche"

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Der Vatikan kündigte Ermittlungen gegen den Aufdecker-Journalisten an.

Der für seine Aufdeckerbücher über den Vatikan bekannte italienische Journalist Gianluigi Nuzzi gibt sich zu den vatikanischen Ermittlungen gegen ihn gelassen. Bei der Präsentation seines neuen Werkes Alles muss ans Licht – Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes (Ecowin Verlag) am Donnerstag in Wien besuchte Nuzzi die Redaktion von ÖSTERREICH.

Ermittlungen
Tags zuvor hatte Vatikansprecher Federico Lombardi Ermittlungen der vatikanischen Gendarmerie gegen Nuzzi und seinen Journalistenkollegen Emiliano Fittipaldi, Autor des ebenfalls kürzlich veröffentlichten Buches Avarizia (Geiz), wegen „Beihilfe zum Geheimnisverrat“ bekannt gegeben. Nuzzi, der in Alles muss ans Licht über das Finanzchaos, die Misswirtschaft und den Protz im Vatikan herzieht, zeigte sich vor allem darüber überrascht, dass in der Aussendung des Vatikans er und Fittipaldi namentlich genannt wurden: „In Italien werden Personen, gegen die Ermittlungen geführt werden, durch das Ermittlungsgeheimnis geschützt.“

Vatileaks
Der populäre Investigativjournalist beschäftigt sich bereits seit Jahren mit Misswirtschaft im Vatikan und hatte schon durch sein Buch Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Benedikt XVI. 2012 die „Vatileaks“-Affäre ausgelöst. In Alles muss ans Licht schildert er im Kern die Arbeit der von Papst Franziskus 2013 eingesetzten Expertenkommission Cosea und den von ihr aufgedeckten Sumpf in und um den Vatikan.

Luxuswohnungen bis zu 700 Quadratmete
Nuzzi hob in Wien etwa hervor, dass viele im vatikanischen Besitz befindlichen Luxusimmobilien um einen symbolischen Betrag oder überhaupt gratis vermietet wurden, darunter die oft 500 bis sogar 700 Quadratmeter großen Apartments zahlreicher hochgestellter Prälaten, die im Buch auch aufgelistet sind. Auch gebe es über 40.000 Berechtigungsscheine für das Einkaufen in den (preislich oft besonders günstigen) innervatikanischen Shops, aber nur 5.000 externe Vatikan-Angestellte sowie 830 Bewohner des Kirchenstaates.

Pressefreiheit
„Ich habe keine Angst vor der Kirche“, kommentierte Nuzzi im Zuge seines Besuchs des ÖSTERREICH-Newsrooms die aktuellen Ermittlungen gegen seine Person. „Ich bin italienischer Staatsbürger, Journalist und unsere Verfassung schützt die Pressefreiheit sowie das Recht der freien Meinungsäußerung.“ Was ihm konkret vorgeworfen werde? „Die Veröffentlichung geheimer Vatikan-Unterlagen und das Ergebnis von Untersuchungskommissionen“, skizzierte Nuzzi.

Prunkleben
Und angesprochen auf die in Alles muss ans Licht beschriebene Misswirtschaft im Vatikan schildert der Autor: „Ja, ich nenne Ihnen einige Beispiele: Offiziell arbeiten für den Vatikan lediglich 8.000 Leute, aber 41.000 profitieren vom System. Zahlreiche wertvolle Immobilien werden um einen symbolischen Betrag oder überhaupt gratis vermietet. Oder: 58 Prozent aller Spenden gehen nicht in die Wohltätigkeit, sondern in die Kurie. Auffallend ist auch das Prunkleben einiger Kardinäle, während Papst Franziskus in einer 50-Quadratmeter-Wohnung lebt.“ (wek, hir)

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