Sopranistin mischte für ihren Soloabend "A Diva is Born" Klassikhits mit Pop und Selbstironie – Musikalisch vielseitig, dramaturgisch unentschieden
Eine Bühne der Selbstzweifel wurde das Große Festspielhaus am Sonntagabend für den Soloabend von Asmik Grigorian. Unter dem Titel "A Diva is Born" wollte die Sopranistin zusammen mit Pianist und Komiker Hyung-ki Joo genreübergreifend auf ihren Werdegang zurückblicken. Was als ironisch gebrochene Reise zur Selbstfindung angekündigt war, blieb an diesem Abend bei den Salzburger Festspielen seltsam unentschieden.
Von Puccini bis Lady Gaga
Asmik Grigorian
Die Dramaturgie des Programms, in dem Grigorian neben Puccini, Verdi und Bizet auch John Lennon, Sting und Lady Gaga platzierte, kam erst spät in Gang. Ganz leise und dunkel begann der Abend, von der Diva keine Spur. Während Hyung-ki Joo am Flügel mit kleinen Stücken eröffnete, blieb der Saal dabei dunkel, und Grigorian sang aus dem Zuschauerraum Vokalisen, verschwand, erschien wieder. Das hatte atmosphärisch Potenzial, verlor sich aber bald in Redundanz. Auch der Musiker kommentierte augenzwinkernd, dass das Publikum "gleich einschlafen" werde - ein Satz, der an diesem Punkt nicht unberechtigt schien. Schließlich betrat Grigorian doch die Bühne: gebückt, unsicher in Haltung und Gang, bereit, eine Flut an Kritik von Hyung-ki Joo über sich ergehen zu lassen, der als innere Stimme und vermutlich ehemaliger Lehrer der Sängerin nicht mit seiner schlechten Meinung über sie hinter dem Berg hielt.
Dann kamen die großen Hits: "O mio babbino caro", die Arie der Cio-Cio-San, die Habanera der Carmen und Lady Macbeth, die Grigorian diesen Sommer erfolgreich bei den Festspielen gegeben hat. Für jede Arie bejubelte sie das Publikum, während ihr Partner am Klavier sie weiter kritisierte, bis sie irgendwann wie ein Häufchen Elend unter dem Flügel verschwand. Spätestens hier wurde klar, dass der Abend ein Rollenspiel war, doch zwischen improvisiertem Witz, Selbstzweifel, Ironie und Klamauk geriet die Inszenierung immer wieder aus dem Gleichgewicht.
Ein unentschiedener Abend mit Pop-Finale
Asmik Grigorian
Im letzten Drittel, das in eine Art Pop-Finale mündete, schien Grigorian sichtlich aufzublühen. Mit Sting ("Moon over Bourbon Street") und drei Songs aus dem Filmhit "A Star is Born" bewies sie, dass sie auch mit Mikrofon und Popstimme packende Momente schaffen kann. Sie trug nun Leder-Outfit mit Overknees statt schwarzem Abendkleid, performte aufrecht, präsent, selbstbewusst. Am Ende bedankte sie sich "bei allen, die mir geholfen haben, ich selbst zu sein". Das Publikum reagierte mit Standing Ovations für eine Sängerin, die sich sichtbar aus Konventionen lösen wollte. Doch die Frage blieb: Warum ein solcher Abend? Auf dieser Bühne und in diesem Rahmen? Wenn Grigorian ihre Arien meisterhaft singen kann, warum die Inszenierung stimmlicher Unsicherheit? Warum das beinahe kokette Hadern mit der eigenen Klasse? Das Konzept wirkte in seiner Ironie oft aufgesetzt und in der Botschaft unentschieden. Große Stimme, große Bühne, kleiner Effekt.