Julian Hetzels Theaterstück über die Liebe trotz radikaler Gegensätze erwies sich in der Halle G des Museumsquartiers als erstaunlich ungiftig.
Unangemessene Sprache, Hassbotschaften, Body Shaming, Stereotypisierung, Blut, Nacktheit, homophobe Witze: Wovor zu Beginn von "Three Times Left Is Right" auch mit gewissem Augenzwinkern ("Triggernde Triggerwarnungen") gewarnt wird, ließe sich lange fortsetzen. Dass aber nichts so heiß gegessen wie gekocht wird, zeigte sich am Samstag in der Halle G des Museumsquartiers, wo das Theaterstück von Julian Hetzel über die Liebe trotz radikaler Gegensätze zur Weltpremiere gelangte.
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Die Basis für das im Rahmen der und in Koproduktion mit den Wiener Festwochen aufgeführte Stück ist spannend. Der deutsche Regisseur Hetzel rückt ein real existierendes Wiener Ehepaar, dessen politische Weltsicht höchst unterschiedlich ist, ins Zentrum des 100-minütigen als Doku-Fiction angelegten Abends. Er ist Autor und Kulturwissenschafter mit kommunistischer Vergangenheit, sie ebenfalls Intellektuelle - hat sich aber mittlerweile sehr weit nach rechts bewegt.
Schlüpfen in Rollen und Gewänder
Gespielt werden sie von Kristien de Proost und Josse de Pauw, die im wirklichen Leben ein Paar sind. Das erklären die beiden nackt auf der Bühne stehend und schicken voraus, dass der Abend durchaus auch provozieren solle. Erst dann schlüpfen sie in ihre Rollen und Gewänder.
In Fahrt kommt das Stück dann aber noch lange nicht. Der Rahmen wird mit einer Vorlesung über Normalisierung weiter abgesteckt. Daraufhin rollen nicht zum letzten Mal Musikinstrumente auf einem ferngesteuerten Wagen im Schneckentempo über die mit Ausnahme einer Plakatwand leere Bühne.
Anecken beim Wäschefalten
Erst dann ecken die beiden Liebenden in Alltagssituationen wie am Tennisplatz oder beim Wäschefalten etwas aneinander an. Themen wie Kindererziehung, Migration oder auch Freiheit werden angerissen. Ein erhellender Austausch an Argumenten und Ansichten findet aber nur in Ansätzen statt. Wie schaut Liebe trotz radikaler Gegensätze nun aus? Kann das überhaupt funktionieren? Und wenn ja, könnte diese Form des Zusammenlebens im Kleinen als kühlende Salbe auf die zusehends erhitzte Gesellschaft im Großen aufgetragen werden? Wer sich Antworten darauf erhofft, sollte woanders suchen.
"Three Times Left Is Right" ist noch am Spannendsten, wenn es sich aufrafft, provokante Nadelstiche zu setzen: Wenn sich der gealterte Linke mit zum Hitlergruß eingegipstem Arm schämt und das Publikum auffordert, es ihm aus Solidarität gleichzutun, oder die Rechte dem Publikum in einer Brandrede vorwirft, den Volkszorn erst mit "Wokeness" und politischer Korrektheit geschürt zu haben. Dass die Überbleibsel der Linken zu Bratwurst verarbeitet werden und sich alle daran laben, ist ein gelungenes Bild. Retten kann es den erstaunlich zähen und ungiftigen Abend jedoch nicht.