Staatsopern-Wirbel

"Verkaufte Braut" als Premiere zwischen Gaudi und Buhrufen

Eine neue "Braut" an der Staatsoper. Erste Saisonpremiere liefert mit "Eine verkaufte Braut" in der Deutung von Regisseur Dirk Schmeding einen modernisierten Smetana abseits von Böhmen-Klischees.  Das Regieteam sah sich dabei auch mit Buhorkan konfrontiert. 

Mit der "Verkauften Braut" ist es wie mit der Tante, die man durchaus gut kennt und mag, die man nun aber auch nicht brennend vermisst, wenn sie eine Weile nicht mehr auf Besuch war. Insofern gab es wohl nur wenige eingefleischte Smetana-Fans, die darunter gelitten haben, dass der tschechische Klassiker bereits seit 1991 nicht mehr an der Wiener Staatsoper zu sehen war. Dies mag auch daran liegen, dass die Dorfoper selten so heutig inszeniert wird, wie von Dirk Schmeding.

© Staatsoper/Michael Poehn

© Staatsoper/Michael Poehn

Bei seinem Hausdebüt am Ring präsentiert der deutsche Regisseur mit einer neuen (deutschen) Textfassung eine von Böhmen-Klischees bereinigte Interpretation, die dem Kern des Werks die Stange hält, diesen aber ins Heute holt. Denn für gewöhnlich schätzen Menschen den Humor des 1866 uraufgeführten Stücks, die Worte wie Fisimatenten oder Mummenschanz im aktiven Sprachschatz haben.

Psychedelische Teddys

Schmeding bindet hingegen Bedřich Smetana einen Bären auf - oder besser gesagt viele. In den orchestralen Passagen übernimmt eine Kohorte an Bärenmarke-Werbefiguren in psychedelischen Farben die Bühne im weiten Feld zwischen Slapstick und Horrorcharakter. Aus diesem Hinterhof der Kuscheltiere macht die Braut dann wiederholt den Abflug - im wörtlichen Sinne. Und damit ist die Tonalität des Abends gesetzt.

© Staatsoper/Michael Poehn

© Staatsoper/Michael Poehn

Diese stellt nicht das Dorf- gegen das Zirkusleben, sondern siedelt das Geschehen gleich im den Zirkus umgebenden Jahrmarkt an, auf dem übergroße Bierkrüge, Würste und Senftuben die Ikonografie dominieren. Die notorischen Trink- und Paarungshymnen des Chores werden so ironisiert, bevor nach der Pause der eigentliche Zirkus als Cirque du Solala daherkommt, mehr an die Actioncomicverfilmung "Suicide Squad" denn Roncalli erinnernd.

Ein Liebespaar mit Erfahrung

Bei diesem frechen Ansatz stehen die Hauptfiguren nicht hintan. Dass die Mařenka von Slávka Zámečníková und der Jeník von Pavol Breslik bis dato nicht nur von der Liebe geträumt, sondern auch bereits im "Love Rodeo" - so eine der Jahrmarktsattraktionen - aufgesessen sind, wird unmissverständlich deutlich gemacht. Eher versaute als verkaufte Braut. Zugleich bleibt dieses Liebespaar auch stimmlich am Höhepunkt, was musikalisch ebenso für Tomáš Hanus am Pult galt.

© Staatsoper/Michael Poehn

© Staatsoper/Michael Poehn

Der 55-jährige Tscheche rast mit dem Staatsopernorchester wie ein Wirbelwind durch die Partitur, hält nostalgische Momente hintan, versteigt sich nicht in Ländlerromantik, sondern legt eine schmissige "Braut" aufs Parkett. Da muss sich der Chor streckenweise ranhalten, nicht hinter dem Tempo hinterherzuhaspeln.

Buhs für das Regieteam

Während das Ensemble und sein Dirigent am Ende umjubelt wurde, sah sich das Regieteam mit dem erwartbaren Buhorkan konfrontiert. Dabei ist die Wiener Staatsoper mit ihrer ersten Saisonpremiere humorvoll in die neue Spielzeit gestartet. Zumindest Meister Petz hat seine Hetz.

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