Nur die Hälfte der Eltern dafür

Große Diskussion um Schulöffnung

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41 Prozent der Eltern hätten Start im Herbst begrüßt.

Wien. Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs trotz Coronakrise spaltet die Österreicher. Nur 53 Prozent der Eltern mit Kindern bis 14 Jahre begrüßen die gestaffelte Öffnung der Schulen im Mai. Laut der von Unique research für das „profil“ durchgeführten Umfrage hätten es immerhin 41 Prozent der Eltern vorgezogen, wenn die Schulen erst wieder im September aufgesperrt hätten.

Ein nahezu gleiches Bild zeigt sich in der Gesamtbevölkerung. 51 Prozent der Österreicher befürworten die Öffnung der Schulen im Mai, 37 Prozent hätten den Herbst bevorzugt.

Für Lehrergewerkschaft "Gruppen zu groß, Tempo zu hoch"

Die Regierung habe sich dem öffentlichen Druck gebeugt und gehe nun "ein relativ hohes Risiko ein", kritisiert der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) den am Freitag verkündeten Zeitplan für die Wiederöffnung der Schulen. "Für mich sind die Gruppen zu groß und das Tempo zu hoch", sagte er gegenüber der APA. Er hoffe, dass sich das nicht in steigenden Infektionszahlen niederschlagen wird.
 
"Ich bezweifle, dass eine Ausdünnung wirklich in dem Maß gelingt, wie das erhofft wird", zeigte sich Kimberger skeptisch. Er erwarte jedenfalls, dass nun bis zum Schulstart die Schulen ordentlich mit Desinfektionsmitteln, Nasen-Mund-Schutz und anderer Schutzausrüstung ausgestattet werden. Die Betreuung finde derzeit nämlich noch immer an den meisten Standorten ohne entsprechende Schutzmaßnahmen statt. "Gesundheit kann nicht an der Logistik scheitern", so Kimberger.
 
Für ihn sind zudem noch viele Fragen offen. Das "Hygienehandbuch" des Bildungsministeriums sei zwar der richtige Weg zu einer strikten Einhaltung von Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen, auch wenn diese bei jüngeren Schülern nur schwer umsetzbar seien. Er erwarte aber auch klare Vorgaben, wie etwa die Schnittstellen zwischen Unterricht und Betreuung organisiert werden sollen, um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten. "Wie organisieren wir das an jenen Tagen, an denen Schüler (laut dem vorgesehenen Schichtbetrieb, Anm.) keinen Unterricht haben, aber trotzdem Betreuung benötigen. Das ist ein enormer organisatorischer Aufwand."
 
Offene Fragen sorgen noch für Unsicherheit bei Lehrern und Eltern:
 
 
 
Unklar sei etwa, wie im Bereich der Sonderpädagogik vorgegangen werden soll, wo Hygiene- und Abstandsregeln wegen der Einschränkungen der Kinder nicht so gut einzuhalten sind. Auch der Schutz von Risikogruppen ist aus Kimbergers Sicht noch nicht sichergestellt. Das Ministerium legt zwar fest, dass Angehörige der Risikogruppe oder jene, die Menschen im eigenen Haushalt vor Ansteckung schützen möchten, nicht in die Schule kommen müssen. "Aber was tun wir mit Eltern, die Kinder aus der Risikogruppe in die Schule schicken?" Immerhin gebe es schon lange das Phänomen, dass Eltern ihre Kinder krank in die Schule schicken.

Schulen sollen am Morgen früher aufsperren

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wird die Schulen auffordern, ihre Beginnzeiten nach vorne zu verlegen. Das meint nicht den Unterricht, sondern die Öffnung der Gebäude, erklärte er in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" Samstagmittag. Wenn etwa bereits um 7.30 Uhr und nicht um 7.45 Uhr geöffnet werde, kämen weniger Kinder gleichzeitig an.
 
Da nicht mehr allzu viel Zeit von der Wiedereröffnung der Schulen bis zu den Sommerferien bleibt, will Faßmann diese möglichst gut nützen. So wird auch an den Fenstertagen nach Christi Himmelfahrt und Fronleichnam unterrichtet. Zudem wird der Notenschluss nach hinten verschoben, also möglichst knapp vor den Ferien sein. Derzeit ist er meist am Beginn der vorletzten Schulwoche. Schon bisher habe in der Woche nach Notenschluss keiner so recht gewusst, was man mit dieser Zeit tun solle, so Faßmann.
 
Dass es in vielen Schulen kein Warmwasser gibt, stellt für den Minister keine Unmöglichkeit dar, die Hygiene-Vorschriften einzuhalten. Als Alternative würden Desinfektionsmittel angeboten: "Das eine oder andere sollte da sein." Auch vermehrtes Lüften werde empfohlen. Eigene Direktiven dazu brauche es nicht. Das würden Direktoren und Lehrer auch alleine zusammenbringen.
 
Dort wo für berufsbildende Schulen Praktika möglich sind, soll es sie auch geben, sagte der Bildungsminister. Jedoch werde das etwa in Tourismusschulen nicht funktionieren. Für Faßmann ist dies für den weiteren Schulfortschritt aber keine unabdingbare Notwendigkeit angesichts der Coronakrise. Entweder sie könnten später nachgeholt werden oder sie würden entfallen.

Eltern für freiwillige Weiterführung von Homeschooling

Zufrieden haben die Elternvertreter an den öffentlichen Pflichtschulen den Fahrplan zur Wiederöffnung der Schulen aufgenommen - vor allem der tageweise Schichtbetrieb kommt bei ihnen gut an. Gleichzeitig wünscht sich die Dachverbandsvorsitzende Evelyn Kometter, dass Eltern im Home-Office, bei denen die Fernlehre gut funktioniert hat, ihre Kinder auf Wunsch auch weiterhin daheim beschulen können.
 
Einen besonderen Schwerpunkt bei der Wiederaufnahme des Unterrichts wünscht Kometter sich bei jenen Schülern, die über Fernunterricht nur schlecht oder gar nicht erreichbar waren und die nun besonders viel Nachholbedarf haben. "Mit ihnen soll mehr geübt werden, wir dürfen hier wirklich kein Kind zurücklassen". Sie setzt hier auch auf die angekündigten Summerschools, um bis zum Herbst alle Schüler "wieder auf einen einigermaßen gleichen Level zu bringen".
 
Bedenken hat sie dennoch: Es gebe sehr viele Lehrer, die in eine Risikogruppe fallen. Hier haben die Eltern Sorgen, ob dennoch allen Schulen ausreichend Lehrer zur Verfügung stehen. Vor allem Klein - und Kleinstschulen hätten zudem nicht die Möglichkeit, den Abstand im Klassenzimmer zu gewährleisten. Hier ermögliche das milde Wetter allerdings, über Alternativen wie Outdoor-Unterricht nachzudenken.
 
Mit dem "Hygienehandbuch" des Bildungsministeriums wird man aus ihrer Sicht gut arbeiten können, auch wenn die Umsetzung gerade bei kleineren Kindern eine Herausforderung sein werde. Wichtig ist aus Kometters Sicht außerdem, dass die Schulen einen gewissen Vorrat an Mund-Nasen-Schutz auch für Schüler bereithalten, falls deren eigener Mundschutz nicht mehr verwendbar ist. Kometter ist optimistisch, dass es an den Schulen die entsprechende Ausstattung mit Schutzmaterial wie Desinfektionsmittel geben wird. "Noch ist genug Zeit, das alles bewerkstelligen zu können."
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