Hintergrund

Das Urteil im Kaprun-Prozess

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Im Kaprun-Prozess wurden am 19. Februar 2004 alle 16 Beschuldigten vom Einzelrichter Manfres Seiss freigesprochen.

Die Privatbeteiligten wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. In seiner mehrstündigen Urteilsbegründung stellte Seiss fest, dass der Brand eindeutig vom Heizstrahler im Unglückszug ausgegangen sei, der einen Konstruktions-, Produktions- und Materialfehler gehabt habe. "Nur Menschen, aber nicht Firmen können schuldig sein", sagte der Richter. Er habe ausschließlich die Regeln des Strafrechtes angewandt.

Über den Einbau eines Heizlüfters in einer Standseilbahn habe es aber keine Norm gegeben, auch die Verlegung von Hydraulikleitungen auf der Rückseite des Lüfters seien unbedenklich gewesen. Bei den verwendeten Materialien im Zug sowie bei den Sicherheitsvorkehrungen sei der Stand der Technik eingehalten worden, so der Richter.

Produktionsfehler am Heizlüfter
Durch den Produktionsfehler am Heizlüfter sei der Spritzpunkt so gewesen, dass er sich an der Aufhängung befand, die sich lockerte und riss, wodurch der Heizstern torkeln und an die Rückwand des Heizlüfters stoßen konnte. Durch die Berührung des heißen Heizsterns mit der Rückwand des Heizlüfters kam es zu einem Feuer. Dadurch brannten alle Materialien - in diesem Fall sei es völlig gleichgültig gewesen, welche Materialien beim Bau verwendet worden waren.

Berufung eingereicht
Die Berufungsschwerpunkte der Staatsanwaltschaft beschäftigten sich einerseits mit der Frage der Einhaltung geltender sicherheitstechnischer Standards im Zusammenhang mit der speziellen Konzeption der Standseilbahn und andererseits mit dem Einbau und der Verwendung des Heizlüfters. Das Erstgericht hätte in seiner Beurteilung nur den österreichischen Stand der Seilbahntechnik, nicht aber die internationalen Sicherheitsstandards beachtet. Nur den österreichischen Standard zu berücksichtigen, sei auf Grund der Größe der Gletscherbahn, die Millionen von Fahrgästen befördert habe, nicht ausreichend, hieß es in der Berufungsbegründung der Staatsanwaltschaft.

Fehlen von Brandschutz fahrlässig
Die verantwortlichen Personen hätten alle Sicherheitsstandards von vergleichbaren Einrichtungen samt ihrer Weiterentwicklung zwischen den Jahren 1994 und 2000 beachten sollen, hieß es in der Berufung. Auch die Möglichkeit eines Brandes hätte von vornherein bedacht werden müssen, das Fehlen von Brandschutzeinrichtungen sei als Fahrlässigkeit vorwerfbar. Besonders fatal habe sich auch das Fehlen jeglicher Kommunikationsmöglichkeit zwischen den Fahrgästen und dem Wagenbegleiter aus ausgewirkt. Dies führte zu einer völligen Hilflosigkeit der Fahrgäste beim Brandausbruch.

Bestätigung durch Richtersenat
Der Richtersenat 9 des Oberlandesgerichtes (OLG) Linz hat am 27. September die Freisprüche im Kaprun-Prozess, die Richter Seiss gefällt hatte, bestätigt. Der Richtersenat hat der Berufung seitens der Staatsanwaltschaft gegen die zwei Verantwortlichen der Gletscherbahnen Kaprun, zwei Mitarbeiter des Wagenaufbau-Herstellers, zwei Amtssachverständige sowie zwei Mitarbeiter des Technischen Überprüfungsvereins (TÜV) nicht stattgegeben. Die Freisprüche sind somit rechtskräftig.

Der Richtersenat folgte im Wesentlichen dem Ersturteil. Der Heizlüfter hätte einen Produktions- und Konstruktionsfehler gehabt, das hätten die vier Sachverständigen in ihren Gutachten für die Hauptverhandlung bestätigt. Außerdem sei der Heizstrahler mit allen möglichen Prüfzeichen versehen gewesen. Dem Urteil von Richter Seiss haften keine Verfahrensmängel an, so Vorsitzender Ernst Schütz.

Auch den Vorwurf der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst sah das OLG nicht gegeben. Der Senatsvorsitzende verwies in seinen Ausführungen auf die Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung, die den Erstrichter zu seinen Freisprüchen veranlassten. Auch sei die Berufung nicht gesetzeskonform ausgeführt und die von der Staatsanwaltschaft angeführten Mängel wären nicht begründet worden, so Schütz.

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