Der Schusswaffengebrauch als letzter Weg, einen Verbrecher zu stoppen, ist stets eine Gratwanderung für die Beamten.
In der Vergangenheit hat es immer wieder solche Einsätze der Polizei gegeben, bei denen Menschen zu Schaden gekommen sind und die im Nachhinein umstritten waren. Im Folgenden ein Überblick:
22. August 2008:
Nach einem Überfall auf eine Billa-Filiale
schießt ein Polizist in Wien-Brigittenau einen der mutmaßlichen Täter
an. Mit einer schweren Bauchverletzung wird der Mann ins Krankenhaus gebracht.
Ein mutmaßlicher Komplize wird festgenommen.
8. August 2008:
Ein Polizist schießt gegen 4.00 Uhr in Wetzelsdorf
(Bezirk Korneuburg) auf einen flüchtigen Motorraddieb. Der 47-jährige
Verdächtige wird dabei tödlich getroffen. Die näheren Umstände
werden noch ermittelt.
19. April 2008:
Auf einem Parkplatz der Wiener S1 in Schwechat
kommt bei einem Schusswechsel ein als falscher Polizist getarnter Rumäne unter
strittigen Umständen durch das Projektil einer Dienstwaffe eines
Beamten in Zivil ums Leben. Ob der Waffengebrauch gerechtfertigt war, ist
noch Gegenstand gerichtlicher Ermittlungen, gemäß einem Gutachten handelte
es sich um einen Querschläger. Laut Polizei war der Flüchtende, der
gemeinsam mit zwei Komplizen mehrere Überfälle begangen haben soll, auf die
Beamten losgefahren.
11. Jänner 2004:
Der offenbar unter einer psychischen
Störung leidende 35-jährige Milchlieferant Nicolae J. wird nach einer Amokfahrt
in Wien von einem Polizisten erschossen. Das Verfahren gegen den Beamten
wird von der Staatsanwaltschaft eingestellt, der Unabhängige
Verwaltungssenat (UVS) stellt im Nachhinein allerdings fest, dass der
Schusswaffengebrauch rechtswidrig war. Der Waffengebrauch sei "weder Maß
haltend, noch verhältnismäßig und daher unzulässig" gewesen.
31. August 2002:
Binali I. wird in der Wiener Innenstadt von
einem Polizisten erschossen, als er mit zwei Mineralwasserflaschen auf die Beamten
losgeht. Der 28-Jährige, der schon länger unter schizophrenen Schüben
und zeitweiligem Realitätsverlust litt, hatte zuvor versucht, ein
Kindermodengeschäft zu überfallen und einer älteren Passantin die Handtasche
zu entreißen. Zeugen beschrieben den Mann als "sehr verwirrt". Auf
mehrere Polizisten machte er hingegen den Eindruck, "dass er immer
aggressiver wird", wie eine Inspektorin in einer Verhandlung vor dem
Wiener Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) darlegt. Die Polizisten
werden rechtskräftig freigesprochen. Das Gericht befindet, sie hätten
in Notwehr gehandelt.
14. August 2000:
Im Zuge der Fahndung nach einem flüchtigen
Räuber gibt in Gars am Kamp im nördlichen Niederösterreich ein Gendarmeriebeamter
Schüsse ab. Ein völlig unbeteiligter Motorradfahrer wird getroffen
und stirbt. Der Beamte kommt später wegen fahrlässiger Tötung unter
besonders gefährlichen Verhältnissen vor Gericht. Das Ersturteil
lautete auf sechs Monate bedingte Freiheitsstrafe plus eine Geldstrafe.
20. Mai 2000:
Der Ungar Imre B. (35) wird im Zuge einer
Drogenrazzia in Wien-Penzing irrtümlich erschossen. Er parkt vor einem
Lokal, das die Exekutive für einen Suchtgift-Umschlagplatz hält. Auf Vorhalt zweier
Uniformierter, die Hände aufs Armaturenbrett zu legen - sie wollen das
Fahrzeug und die beiden Insassen durchsuchen -, soll B.die Tür aufgerissen
haben, als sie ein Inspektor mit seiner gezückten Waffe in der anderen
Hand gerade öffnen wollte. Dabei löst sich der verhängnisvolle
Schuss. Sechs Jahre später stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass
dieser rechtswidrig war.
13. Mai 1995:
Auf der Pack verwechseln Wiener Kripo-Beamte vier
West-Steirer mit gesuchten Erpressern und feuern 28 Mal auf deren Autos, wobei
ein Mann durch Glassplitter im Gesicht und am Auge verletzt wird. Wie sich
später herausstellt, handelte es sich um harmlose Zivilisten, die sich
auf der Heimfahrt von einer Chorprobe befanden. Die beiden Beamten werden zu
Geldstrafen verurteilt, die Chorsänger erhielten Schadenersatz.