Die Situation wird häufig als ausweglos empfunden.
Im Jahr 2015 sind mehr als 17.000 Frauen in Gewaltschutzzentren und der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie betreut worden. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist aber noch viel höher. Darauf machte Gesundheits- und Frauenministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen aufmerksam.
Mit diesem Tag, der zur Bewusstmachung des Problems dienen soll, beginnen auch "16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen". Sie erinnern daran, dass geschlechtsspezifische Gewalt immer noch ein gravierendes Problem ist. Jede fünfte Frau in Österreich hat bereits körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt. Dabei kommt es im sozialen Nahraum besonders häufig zu Übergriffen.
Unterstützung "absolute Priorität"
Oberhauser bezeichnete die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und Mädchen als "absolute Priorität" ihres Ressorts. Rund 90 Prozent des Budgets des Frauenministeriums fließen in die Finanzierung von Gewaltschutzzentren, Interventionsstellen sowie Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen.
Frauen und Mädchen, die Ziele von Cyber-Gewalt werden, steht nun eine App zur Verfügung, mit der sich Vorfälle umkompliziert dokumentieren lassen und die rechtliche Schritte erleichtert. "fem:HELP-App" wird vom Frauenressort kostenlos zur Verfügung gestellt und ab 2017 auch Informationen und Dokumentationsmöglichkeiten zu Cyber-Gewalt bieten.
Häusliche Gewalt als Tabuthema
ÖVP-Frauen-Chefin Dorothea Schittenhelm wies darauf hin, dass häusliche Gewalt immer noch ein Tabuthema sei. "Umso wichtiger ist es, die Öffentlichkeit weiterhin auf dieses Thema aufmerksam zu machen, nicht zuletzt um die Betroffenen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken − nicht nur an diesem Tag", erklärte die Politikerin in einer Aussendung. Opfer häuslicher Gewalt empfänden ihre Situation oft als ausweglos und machten sich daher nicht bemerkbar.
"Gewalt gegen Frauen findet in allen gesellschaftlichen Schichten, in jeder Altersgruppe und unabhängig von Religion oder ethnischer Zugehörigkeit statt", betonte das österreichische Komitee von UN Women. Die sozialen Kosten als Folge gesellschaftlicher Gewalt seien wesentlich höher als die sozialen Kosten von Bürgerkriegen. "Trotzdem fließen mehr Mittel und Ressourcen in die Vermeidung oder Befriedung von Bürgerkriegen als in die Vermeidung von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen und Mädchen", kritisierte die Organisation. "Die Beendigung von Gewalt gegen Frauen sollte mit gleichem Engagement verfolgt werden wie die Ausrottung von Masern oder Polio. Das Thema sollte nicht nur jetzt, während der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, auf der Agenda der Politik stehen, sondern alle 365 Tage im Jahr", forderte deren Präsidentin Lilly Sucharipa.