Rasche Maßnahmen gefordert

Kinderpsychatrie: Versorgung weist große Defizite auf

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Das Problem bestehe schon jahrelang. Jetzt fordern Experten rasche Maßnahmen.

Durchschnittlich verbringen pro Tag zwei Jugendliche unter 17 Jahren zwangsweise einen Aufenthalt in der Erwachsenenpsychiatrie, weil es für sie keine altersgerechten Kapazitäten gibt. Patienten- und Volksanwaltschaft forderten bei einem Pressetermin am Dienstag in Wien rasche Maßnahmen.

Lage verschlimmert sich drastisch
Das Problem bestehe seit Jahren, die Lage verschlimmere sich derzeit aber drastisch: Immer mehr Minderjährige in Österreich benötigen eine spezialisierte kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung. Diese stehe aber auf keiner Ebene flächendeckend zur Verfügung: In Wien etwa sollte die Bettenmessziffer in diesem Bereich bei 128 bis 208 liegen, aktuell stehen 56 Unterbringungs-und 20 Tagesklinik-Plätze zur Verfügung. 191 Kinder mussten im Vorjahr auf Erwachsenenstationen aufgenommen werden. Die jüngsten waren zwölf und 13 Jahre alt.

Personalsituation kritisch
"Das ist fachlich, menschlich und menschenrechtlich nicht vertretbar", so Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz. Sie mahnte ein Gesamtpaket mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen ein. Ein wichtiger Punkt sei die Personalsituation. "In Wien gibt es magere sechs Kassenstellen für Kinder- und Jugendpsychiater", was zu langen Wartelisten bei der ambulanten und teilstationären Betreuung führt. Sie mahnte Zwischen- und Gesamtlösungen ein.

Betreuung rechtswidrig
Bernhard Rappert vom Vertretungsnetz schilderte die Auswirkungen. "Das ist nicht der richtige Ort für Minderjährige." Es handle sich keineswegs um Einzelfälle. Nur etwa die Hälfte wurde 2015 in den für diesen Zweck vorgesehenen Institutionen versorgt, der Rest zusätzlichen Belastungen durch den Umgang mit den erwachsenen Patienten ausgesetzt. Dieses Vorgehen sei nicht nur nachteilig für die Betroffenen, sondern rechtswidrig. Die Experten rechnen mit zeitnahen dementsprechenden Gerichtsurteilen.

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