Sie verletzte eine Postangestellte bei einem Überfall durch einen Messerstich lebensgefährlich.
Wegen schweren Raubes und absichtlich schwerer Körperverletzung ist eine 34-Jährige am Montag am Landesgericht Korneuburg - nicht rechtskräftig - zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Sie hatte am 26. Februar ein Postamt in Klosterneuburg-Kierling (Bezirk Wien-Umgebung) überfallen und dabei 33.000 Euro erbeutet. Nach Erhalt des Geldes versetzte sie der Angestellten (34) einen lebensgefährlichen Messerstich in die Brust, der bis in die Lunge drang.
Über Verhältnissen gelebt
Die Frau zeigte sich zu
Prozessbeginn zu der aus Geldnot verübten Tat geständig. Die Tötungsabsicht
bestritt sie jedoch. Laut Staatsanwaltschaft hatte die bisher unbescholtene
Beschuldigte (Bedienstete der Wiener Linien), Mutter zweier Kinder, über
ihren finanziellen Verhältnissen gelebt. Ihrem Lebensgefährten habe sie
jedoch vorgespiegelt, dass alles in Ordnung sei. Der Mann bestellte einen
neuen Pkw, der am 27. Februar abzuholen und damit auch zu bezahlen war - am
Tag zuvor verübte die 34-Jährige den Überfall.
In die Fall gelockt
Mit dem Gedanken, sich derart Geld zu
beschaffen, habe sie bereits im Oktober 2008 gespielt, räumte die Angeklagte
ein. Über ihre finanziellen Probleme habe sie mit ihrem Partner nicht
sprechen können bzw. wollen - aus Angst, verlassen zu werden.
Die Verdächtige hatte ihr Opfer mit einem Telefonanruf, sie wolle Pakete aufgeben, zum Seiteneingang gelockt, dort mit einem mitgebrachten Küchenmesser bedroht und zum Tresor gedrängt. Nach Erhalt des Geldes stach sie auf die 34-Jährige ein und flüchtete. Der Schwerverletzten gelang es, einen Notruf abzusetzen. Sie wurde im Spital notoperiert. Zwei Tage nach dem Überfall wurde die mutmaßliche Täterin ausgeforscht und festgenommen.
Stich mit großer Gewalt
Die schwer verletzte
Postangestellte verwies gegenüber der Polizei auf dieses Telefonat, die
Verdächtige wurde über ihre Telefonnummer ausgeforscht. "Wenn
die Postangestellte tot gewesen wäre, hätte sie das nicht aussagen können."
Mit diesem Argument zog der vorsitzende Richter des Geschworenensenats die
Darstellung der Angeklagten, sie hätte ihr Opfer nur am Arm treffen und
damit an der Verfolgung hindern wollen, gewissermaßen in Zweifel.
Weiters wollte Richter Gernot Braitenberg ergründen, wie viel Überwindung die Angeklagte ihr Vorgehen gekostet hatte: "Jemand mit einem Messer zu stechen, da gehört was dazu!" Ein im Gerichtssaal vorgeführtes Video aus der Überwachungskamera zeigte, dass die Täterin mit der Hand nach hinten quasi ausholte, dann einen Schritt vorwärts tat und "mit Körperenergie", so der Richter, zustach. Dass der Stich mit großer Gewalt erfolgte, bestätigte auch der Gutachter. Das Messer drang durch zwei Rippen bis in die Lunge ein. Das Opfer habe Glück gehabt, dass sich die Wunde wieder leicht schloss, so dass es nicht verblutete.
Keine Tötungsabsicht
Die Verletzte selbst hatte den Stich
nicht kommen sehen: "Es ist so schnell gegangen", sagte die
34-Jährige. Sie spürte einen starken "Schlag" bzw.
Schmerz und ging sie zu Boden. Die Täterin war dann "einfach weg",
schilderte sie den weiteren Verlauf: Sie presste die Hand auf ihre Brust,
setzte noch einen Alarm ab und rief die Polizei an. "Es tut so weh",
sagte sie dem Beamten am Telefon. Sie hatte die Täterin zwar als Kundin vom
Sehen gekannt, in deren Vermummung mit schwarzem Schal und schwarzer Haube
aber nicht erkannt.
Wie der Staatsanwalt dazu in seinem Schlussvortrag ausführte, stach die Frau wohl in der Angst zu, erkannt worden zu sein. Die - durch die Bedrohung geschockte - Postangestellte habe sie so "angestarrt", hatte die Verdächtige bei ihrer polizeilichen Einvernahme gesagt. Der Verteidiger ersuchte die Geschworenen, seiner Mandantin zu glauben, dass sie keine Tötungsabsicht gehabt hatte. Es tue ihr alles sehr leid, sagte die Angeklagte in ihren letzten Worten.
Bedenkzeit
Die Angeklagte gab nach der Urteilsverkündung bekannt,
dass sich drei Tage Bedenkzeit nehmen wolle, die Staatsanwaltschaft gab
keine Erklärung ab. Die Frage des schweren Raubes (Strafausmaß fünf bis 15
Jahre) bejahten die Geschworenen einstimmig, beim Anklagepunkt versuchter
Mord gab es drei Ja- und fünf Nein-Stimmen.