Großvenediger-Drama

So überlebten sie 3 Tage im Eisloch

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Seit Samstag kämpften vier Tourengeher am Großvenediger um ihr Leben. Sie wurden nach drei Nächten im Eis fast unverletzt gerettet.

Das Drama um die vermissten deutschen Tourengeher am Großvenediger nahm Dienstag ein glückliches Ende.

Alexander Uhlig (45), Bürgermeister von Pforzheim, und seine Bergkameraden Klaus A. (44) ebenfalls aus Pforzheim, Roland M. (46) und Joachim M. (46), beide aus Bayern, wurden nach 3 Tagen nahezu unverletzt geborgen.

Dienstag um 6.15 Uhr sichtete Heli-Pilot Hans Schausberger aus seiner „Libelle FLIR“ die Vermissten in 3.500 Metern Höhe. „Die vier standen mitten am Gletscher beim Schlattenkees. Als sie uns hörten, machten sie sich durch Winken bemerkbar,“ schildert Schausberger. Der Hubschrauber des Innenministeriums nahm einen auf. Die anderen drei wurden wenig später vom Christophorus 7 geborgen und nach Mattrei gebracht. Flugarzt Peter Kraler staunte: „Sie waren praktisch unverletzt. Sie litten nur an leichter Unterkühlung und lokalen Kälteschäden an den Beinen.“ Die vier Geretteten wurden ins Bezirkskrankenhaus nach Lienz gebracht.

Protokoll des Dramas in Eis und Schnee

Das letzte Lebenszeichen gab es Samstag gegen 14.00 Uhr, als eine andere Tourengehergruppe die Deutschen im Schneesturm zu erkennen glaubte. Das Protokoll der drei eisigen Nächte am Gletscher:

Samstag, 3. April: Die erste Nacht war ein Abenteuer. Als die Alpinisten am Nachmittag bei Wind bis 100 Kilometer pro Stunde bemerken, dass sie vom Weg abgekommen sind, bewahren sie Ruhe und richten sich notdürftig ein. Mit ihren Schaufeln graben sie eine Höhle, in die sie sich mit ihren Biwak-Säcken zurückziehen. Peter Ladstätter von der Bergrettung bestätigt: „Die Burschen haben sich nicht getrennt und sind nicht in Panik verfallen.“ Oberarzt Alfred Fast, Mediensprecher des Krankenhauses in Lienz, erfuhr als einer der ersten, was sich in den drei Tagen am Berg abgespielt hat. „Die erste Nacht sah die Gruppe noch als Abenteuer“, erzählt der Mediziner.

Sonntag, 4. April: Den Ernst der Lage erkannt. Das Wetter ist unverändert. Kälte und Schneefall machen den Biwakierenden zu schaffen. „Natürlich zehrte das Warten an den Nerven. Auch überlegten wir, warum uns niemand sucht“, fasst einer der vier die Einsamkeit zusammen. Dass mittlerweile 70 Bergretter unter Lebensgefahr unterwegs sind, ahnen die Eingeschlossenen nicht. Die zweite Nacht macht ihnen aber den Ernst der Lage bewusst. Während drei schlafen, muss einer wach bleiben, um den Eingang zum Schneeloch frei zu halten. Peter Ladstätter lobt: „Sie haben sich die Kräfte eingeteilt, Getränke und Essen untereinander geteilt.“

Montag, 5. April: Erste Hoffnung – dann kam Helikopter. Während die Rettungsmannschaften untätig warten müssen, überlegen die vier Deutschen, wie lange sie noch mit den Lebensmitteln auskommen. „Als wir dann in der Nacht endlich den Himmel gesehen haben, haben wir gewusst, dass wir eine Chance haben“, schöpft das Quartett Hoffnung. „Und dann haben wir den Hubschrauber gehört und sind uns in den Armen gelegen.“ Die Erleichterung ist groß.

Pforzheim entsandte Glückwünsche an den Bürgermeister. Lienz wurde von Medien belagert. Alle wollten einen Blick auf das „Osterwunder“.

Von allen Seiten ernten die Geretteten Anerkennung. Aus medizinischer Sicht können die vier Abenteurer heute, Mittwoch, die Heimreise antreten – mit dem Osterwunder 2010 im Gepäck …

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