Existenz gesichert

Wie Natascha zu Geld kommt

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Abgesehen davon, ihre Geschichte meistbietend an die Medien zu verkaufen, hat Natascha Kampusch nach dem Gesetz mehrere Möglichkeiten, ihre Existenz zu sichern. Das Sozialversicherungsrecht garantiert ihr "ein Mindestmaß" an Versorgung.

Dabei muss sich Natascha in erster Linie auf das Verbrechenshilfeopfergesetz berufen, wie Georg Kathrein, Zivilrechtsexperte im Justizministerium, erläuterte. Sollte sie "berufsunfähig" sein, kann sie mit einer monatlichen Rente rechnen.

Den entsprechenden Antrag müsste sie beim Bundesbehindertenamt einbringen. Auf Basis des Verbrechensopferhilfegesetzes kann Natascha zudem die Kosten für eine Therapie geltend machen. Die an sich ebenfalls vorgesehene Entschädigung für den Verdienstentgang kommt demgegenüber wohl nicht zum Tragen, da sie zum Zeitpunkt ihrer Entführung erst zehn Jahre alt war und daher noch nicht im Berufsleben gestanden hat.

Einigung auf Vergleich
Wie Kathrein darlegte, ist es denkbar, dass man sich mit Natascha Kampusch bzw. ihrem Beraterteam - was ihre staatlichen Ansprüche betrifft - auf einen Vergleich einigt, wie es ihn im Mordfall Deubler gegeben hat. Ein zu Unrecht wegen Mordes an einer Salzburger Taxilenkerin verurteilter Mann, der acht Jahre schuldlos im Gefängnis gesessen war, hatte von der Republik pauschal im Vergleichsweg 950.000 Euro erhalten.

Kathrein betonte jedoch, dieser Fall lasse sich mit Natascha Kampusch keineswegs vergleichen. Letzterer sei "einzigartig", sagte der Jurist: "Dafür gibt es keinen Präzedenzfall."

Schadenersatzforderungen
Daneben kann Natascha Kampusch Schadenersatzforderungen gegen den Nachlass ihres Entführers Wolfgang Priklopil richten, der sich am vergangenen Mittwochabend das Leben genommen hat. Sollte Priklopils Mutter die Ansprüche nicht anerkennen, müsste Natascha Kampusch den Klagsweg beschreiten. Die Höhe des Schmerzensgelds, mit dem sie rechnen könnte, sei seriöserweise derzeit nicht zu beziffern, erklärte Kathrein: "Man kann das nicht per Ferndiagnose machen. Man muss dazu sicherlich einen Sachverständigen beiziehen."

Gerichtspsychiater Reinhard Haller hatte das Schmerzensgeld, das Natascha zustünde, am Sonntagabend in der ORF-Sendung „Offen gesagt“ mit 664.900 Euro beziffert. Er habe dies "nach wissenschaftlichen Methoden berechnet“.

„Sehr beträchtliche Summe“
Nach dem Schadenersatzrecht kann Natascha Kampusch die illegale und rechtswidrige Freiheitsberaubung einklagen, eine allenfalls von einem Gutachter festzustellende Schädigung mit Krankheitswert und auch die durch die Entführung bedingte verzögerte Schul- und Berufsausbildung. Im Fall eines Zuspruchs kann sie laut Kathrein mit einer "sehr beträchtlichen Summe" rechnen.

Mit der Entscheidung, ob sie sich überhaupt auf einen Zivilprozess einlassen will, kann sich Natascha Zeit lassen: Da es sich bei ihr um ein Verbrechensopfer handelt, verjähren ihre Ansprüche erst nach 30 Jahren.

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