5 Monate nach dem Todessturz eines Vierjährigen hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.
Wien. Das Drama um den 4-jährigen entwicklungsverzögerten Buben (der in drei Wochen 5 geworden wäre) spielte sich Ende April in einem Hochhaus in der Ziegelhofstraße beim Hirschstettner Badeteich ab. Dort sahen Nachbarn, wie aus einem offenen Fenster im
7. Stock zunächst Spielzeug hinunterflog, daraufhin stürzte ein Kleinkind, das sich über den Fenstersims nach vor beugte, um nachzuschauen, wo das Spielzeug gelandet ist, an die 25 Meter in die Tiefe – und starb.
Polizisten überbrachten Mutter Todesnachricht
Als die leibliche Mutter, Sabrina N., an diesem Tag von sechs Polizisten die Todesnachricht erhielt – der Bub war beim von ihr getrennt lebenden Vater (28) gewesen –, brach für sie eine Welt zusammen: „Er war sicher ein schwieriges Kind, das bei seiner Geburt gestorben ist und wiederbelebt wurde, aber ich habe ihn von Herzen geliebt. Jene, die für seinen Todessturz verantwortlich sind, müssen bestraft werden. Alles andere wäre nicht gerecht.“
Angeklagte müssen vor ein Schöffengericht
Die Staatsanwaltschaft ist wohl ähnlicher Meinung – und hat Anklage gegen den Vater des Buben und dessen damalige Lebensgefährtin (von der er sich mittlerweile getrennt haben soll) erhoben, und die hat es in sich: Beide müssen sich, wie ÖSTERREICH erfuhr, demnächst vor einem Schöffengericht wegen § 92 StGB verantworten. Der Hammer für die verdächtigen 28-Jährigen, die sich nach Absatz 2 und 3 – der gröblichen Vernachlässigung einer unmündigen, jüngeren oder wehrlosen Person – verantworten müssen: Hat die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge, so kann eine Freiheitsstrafe von ein bis 10 Jahre ausgesprochen werden! Es gilt die Unschuldsvermutung.
Ausgangspunkt für die harte Anklage sind die Ermittlungen, die eine Vorgangsweise zeigen, die möglicherweise weit über die Fahrlässigkeit hinausgeht:
So soll der Vater das Fenster geöffnet und den Griff abgezogen haben (was er immer machte, wenn es heiß war), ehe er und seine Lebensgefährtin den 4-Jährigen, der im Vorzimmer etwas zu lebhaft gewesen sein soll und so das Fortgehen hinauszögerte, ins Zimmer zurückschickten, damit er sich „ausspinnt“ – wohl wissend, dass dort das Fenster offen- und ein Drehstuhl direkt darunter stand.
Spielzeug flog aus Fenster – Nachbarn schlugen Alarm
Dann sollen Nachbarn angeläutet und Alarm geschlagen haben, dass Spielzeug aus dem Fenster flog – doch das Paar soll nicht nachgeschaut haben. Als es wieder Sturm an der Gegensprechanlage läutete, war es zu spät. Die Nachbarn konnten nur noch berichten, dass Leon tot war. Der Anwalt der beschuldigten "Stiefmutter", Mag. Johannes Bügler, zu ÖSTERREICH: „Meine Mandantin war damals komplett überfordert und es tut ihr alles so leid, aber mit Absicht hat sie keinen einzigen Schritt gesetzt.“ Man kann auf den Prozess gegen das Paar gespannt sein.
Roland Kopt