Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen

Mordfall Hadishat: "Ich hab's getan, ich gebe es zu"

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Im Prozess um die Ermordung von Hadishat ist die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen.

Wien. Entgegen der Annahme des Wiener Landesgerichts ist in der vom Obersten Gerichtshof (OGH) angeordneten Verfahrensneudurchführung um den Mord an einer Siebenjährigen im Dittes-Hof in Döbling die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen worden. Der Angeklagte - er wird am Freitag 18 Jahre alt - nahm am Donnerstag im bis auf den letzten Platz gefüllten Gerichtssaal ausführlich zu der Bluttat Stellung.

"Es ist ihm wichtig, dass alle bleiben", teilte Verteidigerin Liane Hirschbrich nach kurzer Rücksprache mit ihrem Mandanten mit, womit der angedachte Ausschluss der Öffentlichkeit - vorerst - vom Tisch war. "Ich hab's getan, ich gebe es zu", sagte der Bursch, der - wie bereits beim ersten Prozess im Dezember 2018 - in einer schuss- und stichsicheren Weste vor die Geschworenen trat. Im Saal selbst hatten sich mehrere bewaffnete Sicherheitskräfte postiert, vor dem Saal war eine mobile Metallschleuse installiert worden. Auf den Täter war nach seiner Festnahme ein Kopfgeld von 50.000 Euro ausgesetzt worden, das Bedrohungsszenario soll auch seine Verteidigerin mitumfasst haben.

Die Tat habe aber "ein anderes Ich" begangen, schilderte der demnächst 18-Jährige, der im Unterschied zum ersten Rechtsgang einen klareren, weniger sedierten Eindruck machte. Seit seinem achten Lebensjahr höre er Stimmen. Manche würden beruhigend und Rat gebend auf ihn einwirken. Es gebe aber auch imperative Stimmen. Diese hätten ihm am 11. Mai 2018 befohlen, das siebenjährige Mädchen aus der Nachbarschaft zu töten: "Weil ich es nicht tun wollte, hatte ich ein Blackout. Und dann ist es passiert."

Zu der Bluttat war es in der Wohnung gekommen, in der der Jugendliche mit seinen Eltern und einem jüngeren Bruder lebte. Das Mädchen war regelmäßig zu Besuch. "Sie hat mit uns gespielt, gegessen. Ich mochte sie", schilderte der Angeklagte den Geschworenen. Nachdem er sie getötet hatte, hatte er die Leiche in einem Müllcontainer in der Wohnhausanlage abgelegt. Am nächsten Tag wurde die Tote gefunden. Am 14. Mai 2018 wurde über den Jugendlichen die U-Haft verhängt. Knapp ein halbes Jahr später wurde er wegen Mordes zu 13 Jahren Haft verurteilt und im Hinblick auf eine ihm fachärztlich bescheinigte schwere Persönlichkeitsstörung und eine damit verbundene Gefährlichkeit in den Maßnahmenvollzug eingewiesen.

Weil zwei psychiatrische Gutachter sich nicht einig waren, ob der Bursch zurechnungsfähig und damit schuldfähig ist, und das Erstgericht zur Klärung dieser Frage auf die Einholung eines Obergutachtens verzichtet hatte, hob der OGH das Urteil teilweise auf. Der Schuldspruch wegen Mordes wurde bestätigt und ist damit in Rechtskraft erwachsen, jedoch wurde eine neue Verhandlung zur Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit angeordnet und mit Kathrin Sevecke eine dritte psychiatrische Sachverständige bestellt.

Diese gelangte - wie bereits der Erstgutachter Peter Hofmann - zur Ansicht, dass bei dem Jugendlichen Zurechnungsfähigkeit gegeben ist. Der Sachverständige Werner Gerstl, der dagegen von einem Schuldausschließungsgrund ausging, weil der Bursch unter dem Einfluss einer inneren Stimme gehandelt habe, ist mittlerweile verstorben. Eine innere Stimme hätte den im Tatzeitpunkt 16-Jährigen "blitzartig überfallen" und ihm "Pack zu!" gesagt, hatte Gerstl in der ersten Verhandlung erklärt.

Co-Verteidiger Florian Höllwarth sprach in seinem Eröffnungsvortrag den Geschworenen die Kompetenz ab, die Frage der Zurechnungsfähigkeit entscheiden zu können, wozu diese laut Gesetz verpflichtet sind. Der Gerichtsakt enthalte insgesamt fünf psychiatrische Gutachten: "Es ist unmöglich, dass Geschworene befinden, welches Gutachten richtig ist." Diese könnten "rein aus der Emotion urteilen, aber sicher nicht aus dem Fachlichen". Höllwarth wies außerdem darauf hin, dass der damals 16-Jährige nach seiner Festnahme ohne Rechtsbeistand befragt worden sei. Das sei "ein massiver Verstoß gegen ein faires Verfahren". Der Betroffene sei "fast noch ein Kind" gewesen.

Auf die Frage des vorsitzenden Richters, weshalb er beim ersten Verhör nichts von den inneren Stimmen erzählt hätte, erwiderte der Angeklagte: "Weil es wichtig war und ich niemandem vertrauen konnte. Ich wollte nicht, dass man mich für krank hält." Bei seiner zweiten Befragung am 13. Juni 2018 hatte er dann erwähnt, eine Stimme habe ihm "die einzelnen Schritte der Tat" befohlen.

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