Mehrere Strafverfahren eingestellt

Nach Doppelmord: Verdächtiger Somalier wird einvernommen

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Nach der Tötung von zwei Frauen in Wien-Favoriten hat am Dienstagnachmittag die Vernehmung des Verdächtigen begonnen.  

Der 28-jährige Somalier soll am Montag seine Ex-Frau und eine weitere Landsfrau, angeblich seine Lebensgefährtin, getötet haben. Ob der Verdächtige die Tat gegenüber den vernehmenden Beamten gestanden hat, war noch unklar. Die Einvernahme war am Abend noch am Laufen, Ergebnisse sollten am Mittwoch bekanntgegeben werden.

Verdächtiger gab Tat zu

Der Mann hatte noch am Tatort die Tat eingeräumt, er war zu diesem Zeitpunkt allerdings schwer alkoholisiert. Er galt bisher als unbescholten - mehrere Strafverfahren waren eingestellt worden.

Laut Polizei wurde die Exekutive am Montag zu einer Streitschlichtung gerufen, wo sie den Somalier antraf, der angab, zwei Frauen in einer Wohnung umgebracht zu haben. Die Beamten fanden gegen 16.00 Uhr die beiden Opfer (35 und 37 Jahre) blutüberströmt am Boden liegen. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen.

Die Opfer, ebenfalls somalische Staatsbürgerinnen, wurden laut Bekannten erstochen bzw. mit einem Nudelwalker erschlagen. Die Polizei äußerte sich über den genauen Tathergang bisher nicht. Es wurde aber ein Messer sichergestellt.

Das 35-jährige Opfer hat als Dolmetscherin bei der Caritas gearbeitet. Entsprechende Medienberichte bestätigte eine Sprecherin der APA.

Laut Ermittlerkreisen lag bei dem 28-Jährigen eine massive Alkoholisierung von 2,2 Promille vor. Der Verdächtige war am Montag derartig beeinträchtigt, dass eine Einvernahme zunächst nicht möglich war.

Laut Nachbarn soll es sich bei einem der Opfer um die Ex-Frau des Somaliers handeln, mit der er eine vierjährige Tochter haben soll. Diese war aber während der Tat nicht zu Hause, sondern im Kindergarten. Das Mädchen wurde in die Obhut des Jugendamts übergeben. Die zweite Getötete soll die neue Freundin des mutmaßlichen Täters gewesen sein, die öfters zum Essen und Beten in der Wohnung in Favoriten war.

Der Beschuldigte war laut Ermittlerkreisen asylberechtigt. Gegen ihn gab es bereits zwei Anzeigen, eine davon wegen eines Sexualdelikts. In beiden Fällen wurde ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet, das aber jeweils eingestellt wurde, nachdem auch die Verfahren wegen der Anzeigen eingestellt worden waren. Ob beim Täter wie am Montag kolportiert tatsächlich eine Psychose vorliegt, war am Dienstag noch unklar.

Laut Informationen kam der 28-Jährige im Juni 2014 nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach einer Säumnisbeschwerde im Jahr 2015 erkannte ihm das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2016 den Status der Asylberechtigung an. Zwischen 2016 und 2020 wurde der somalische Staatsbürger mehrmals mit Strafanzeigen konfrontiert, dabei ging es einmal um Vergewaltigung, einmal um sexuellen Missbrauch in Zusammenhang mit Sachbeschädigung und Körperverletzung. Die zugrunde liegenden Delikte sollen alle in Linz verübt worden sein, wo der nun Verdächtige einen Wohnsitz hat.

Verfahren eingestellt

Aber die Verfahren wurden eingestellt, es gab keine Verurteilung. Der 28-Jährige ist unbescholten, gegen ihn wurde bisher auch kein Betretungsverbot - weder in Linz noch in Wien - ausgesprochen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hatte nach den Informationen der APA jeweils, nachdem es von den Anzeigen Kenntnis erhalten hatte, sehr rasch ein Aberkennungsverfahren des Asylstatus des 28-Jährigen eingeleitet. Da die Strafverfahren aber eingestellt wurden, stoppte die Behörde auch das Aberkennungsverfahren.

"Wenn Delikte bekannt und angezeigt werden, beispielsweise Sexualdelikte, ist es so, dass seitens des BFA die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens rasch stattfindet. Wichtig ist zu ergänzen, dass diese Aberkennungsentscheidungen immer an die gerichtlichen Entscheidungen bzw. jene der zuständigen Staatsanwaltschaft gebunden sind. Das heißt, wird so ein Strafverfahren eingestellt, wird auch mangels Vorliegen eines Aberkennungstatbestandes per lege das Aberkennungsverfahren eingestellt", erläuterte Patrick Maierhofer, Sprecher des Innenministeriums.

Die Sprecherin der Staatsanwalt Linz, Ulrike Breiteneder, bestätigte auf APA-Anfrage ihre Auskunft an das Ö1-Mittagsjournal, wonach es 2020 und 2021 jeweils Anzeigen wegen sexueller Übergriffe gegen eine männliche und eine weibliche Personen gegeben habe. Beide hätten in einer Einstellung geendet, "da die Beweislage derart dürftig war, dass eine Verurteilung auf keinen Fall wahrscheinlich erschien". Es habe keine objektiven Spuren gegeben und die Aussagen der Anzeiger seien auch nicht als so verlässlich einzustufen gewesen, dass es für eine Anklageerhebung gereicht hätte. Es gebe noch ein drittes aufrechtes einschlägiges Ermittlungsverfahren. Dies sei aber nunmehr an die Staatsanwaltschaft Wien für eine Vereinigung mit dem Tötungsdelikt abgetreten worden, berichtete Breiteneder der APA über die jüngste Entwicklung vom Nachmittag.

Das vierjährige Mädchen wird unterdessen in einem Krisenzentrum der Wiener Kinder- und Jugendhilfe von Sozialpädagoginnen betreut, bei Bedarf werden Psychologinnen und Therapeutinnen hinzugezogen, sagte eine Sprecherin auf APA-Anfrage. "Wir wissen, dass man Kinder nach solchen traumatischen Erlebnissen möglichst schnell intensiv begleiten muss." Sozialarbeiterinnen der MA 11 klärten indes ab, ob es Angehörige oder Bekannte der Familie gibt, die sich um das Mädchen kümmern könnten.

Findet sich keine passende Betreuung im Umfeld des Kindes, würde eine geeignete Pflegefamilie gesucht werden oder aber die Unterbringung in einer speziellen Wohngemeinschaft geprüft, sagte die Sprecherin, dies sei für Kinder ab drei Jahren ebenfalls eine Option. Generell sucht die Kinder- und Jugendhilfe dringend nach Pflegeelternteilen und -familien. Eine Informationsveranstaltung für Interessierte findet etwa am 25. September im Rathaus statt (http://go.apa.at/cH312OcU).

Zuvor war das Jugendamt nur einmal mit der Mutter des Mädchens in Kontakt gewesen. "Vor zwei Jahren wurde eine kurze finanzielle Beratung durchgeführt."
 

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