Eine 30-jährige Frau musste sich heute wegen versuchten Mordes an ihrem Baby vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten. Der Vorwurf: Sie soll den Säugling im Juli 2022 in zwei Angriffen in Tötungsabsicht heftig geschüttelt zu haben.
Wien. Eine 30-jährige Frau hat sich heute, Dienstag, wegen versuchten Mordes an ihrem Baby vor dem Wiener Straflandesgericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, den Säugling im Juli 2022 in zwei Angriffen in Tötungsabsicht derartig heftig geschüttelt zu haben, dass das Leben des Mädchens nur mehr durch eine intensivmedizinische Behandlung gerettet werden konnte. Die Angeklagte gestand, das Kind geschüttelt zu haben, eine Tötungsabsicht bestritt sie vehement.
Baby litt unter seltenen Erkrankung
Wie Verteidiger Nikolaus Rast ausführte, war die Lebenssituation der Angeklagten extrem schwierig. Die 30-Jährige hatte das Mädchen als ihr zweites Kind im März 2022 als "Frühchen" auf die Welt gebracht. Das Baby musste aufgrund einer seltenen Erberkrankung auch immer wieder im St. Anna Kinderspital behandelt werden. Hinzu kam eine sehr angespannte finanzielle Situation, da der Lebensgefährte und Kindesvater bereits über lange Zeit hinweg arbeitslos ist, sich aber auch im Haushalt kaum einbrachte.
Nach außen hin wollte die Angeklagte, deren Mutter wegen eines Jobs in einem Krankenhaus vor vielen Jahren von den Philippinen nach Österreich gezogen war, aber eine "perfekte Familie" spielen, sodass sie sich keinerlei Hilfe suchte. "Ich war total überfordert", sagte die Frau bei ihrer Einvernahme.
Am 28. Juli 2022 wies das Kind, das in der Nacht wegen einer Erberkrankung an einen Monitor zur Überwachung des Herzschlages angeschlossen war, plötzlich einen Herzschlag von 200 Schlägen pro Minute auf, worauf die Mutter die Rettung alarmierte und mit dem Baby ins AKH gebracht wurde. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass das Kind multiple Verletzungen aufwies, die auf ein massives Schütteltrauma zurückzuführen waren, an dem es ohne Notoperation und intensivmedizinischer Betreuung wohl auch verstorben wäre. Die 30-Jährige wurde wenig später festgenommen.
Keine Tötungsabsicht
Bei ihrem Prozess gestand die sichtlich aufgelöste Angeklagte, ihr Kind im Juli 2022 wegen Überforderung zwei Mal geschüttelt zu haben, eine Tötungsabsicht bestritt sie jedoch vehement. "Ich wollte ihr nicht weh tun, ich bereue es, es tut mir so leid", sagte sie unter Tränen. Das Schütteln sei wie unter einem Blackout passiert.
Für das Kind hatte die inkriminierten Tathandlungen allerdings enorme Auswirkungen: Laut Gutachten wird es niemals eine normale Schule besuchen und an einem geregelten Arbeitsleben teilnehmen können. Zudem erlitt es Schäden in der Motorik, sodass es wohl nie ohne Hilfe gehen können wird.
Laut Gerichtspsychiater: depressive Züge
Der Gerichtspsychiater Peter Hofmann sprach in seinem Gutachten ebenfalls von einer enormen Überforderung der Frau, die auch - nicht für Tat ausschlaggebende - depressive Züge entwickelt hatte. Eigentlich wäre die Angeklagte "eine gute Mutter" gewesen, die sich sehr um ihre Kinder gekümmert hat. Hofmann legte der 30-Jährigen aber zur Last, sich keine Hilfe geholt zu haben, die in Wien in einem engmaschigen Netz vorhanden ist.
Die Verhandlung wurde am Nachmittag fortgesetzt. Ein Urteil in dem Geschworenenprozess wird für Donnerstag erwartet.