400 Gäste saßen fest

Stundenlange Tunnel-Evakuierung – vida schlägt Alarm

Nach dem stundenlangen Zwischenfall mit einem ICE-Zug im Eisenbahntunnel Knoten Hadersdorf bei Wien fordert die Gewerkschaft vida eine umfassende Aufarbeitung des Vorfalls und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Notfallkoordination.

Der ICE war am Samstag aufgrund einer technischen Panne liegen geblieben, wodurch rund 400 Passagiere mehrere Stunden im Tunnel ausharren mussten. Eine vollständige Evakuierung erfolgte erst zu Fuß über Notausgänge. 

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Ein ÖBB-Sprecher sagte heute in Bezug auf den Zeithorizont bei der Evakuierung gegenüber der APA, dass "einiges schiefgegangen" sei. Der ICE war auf dem Weg nach Hamburg, aufgrund einer technischen Störung konnte er allerdings nicht mehr weiterfahren. 400 Passagiere mussten mehrere Stunden ohne Strom ausharren. "Das darf nicht mehr passieren", die ÖBB analysieren den Vorfall bereits, hieß es am Montag.

Die Panne ereignete sich zwar mit einem ICE der Deutschen Bahn, doch waren die ÖBB auf der Strecke in Österreich Betreiber. Im Nachhinein gesehen, hätte man die Passagiere früher über die Notausstiege evakuieren sollen, so der ÖBB-Sprecher weiter. Prinzipiell seien Fahrgäste im Zug aber sicher - auch bei dem Vorfall am Samstag hätte zu keinem Zeitpunkt Gefahr für die Fahrgäste bestanden. In Tunneln sei das Risiko für Verletzungen höher.

Stundenlange Tunnel-Evakuierung – vida schlägt Alarm
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Stundenlang ohne Strom

Weil der Zug in einem Gleisbogen liegen geblieben war, konnte er nicht wie geplant mit einer Hilfsgarnitur abgeschleppt werden. Mithilfe der Feuerwehr wurden die Passagiere daraufhin in einen Ersatzzug evakuiert. Einige Gäste hatten sich aber "entgegen den Anweisungen des Personals" aus dem Zug entfernt. Da die Gefahr bestand, dass sie sich im Tunnel aufhalten, musste der Strom aus Sicherheitsgründen abgeschaltet werden. Der Tunnel wurde dann auf Personen abgesucht. Dadurch sei es zu weiteren erheblichen Verspätungen und zur Umleitung der Fernverkehrszüge über die "alte Weststrecke" gekommen.

Zug in Tunnel stehen geblieben – 400 Passagiere evakuiert
© APA/MAX SLOVENCIK

Zug in Tunnel stehen geblieben – 400 Passagiere evakuiert
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Da im Ersatzzug kein Strom für die Toilettenanlagen verfügbar war, waren diese "ab einem bestimmten Zeitpunkt unbenützbar", so die ÖBB weiter. Keine Angaben machte der Bahnbetreiber zum Zeitraum, wie lange die Passagiere ohne WCs ausharren mussten. In der Zeit bis zur Evakuierung haben die Mitarbeiter des Bordservices der Deutschen Bahn "Verpflegung und Getränke soweit vorhanden ausgegeben". Zwei Fahrgäste mussten am Samstag laut Rettung ambulant versorgt werden.

Am Abend wurde schließlich auch der Ersatzzug evakuiert und die Passagiere über Notausstiege aus dem Tunnel gebracht. Laut Feuerwehr waren die Evakuierungsmaßnahmen kurz vor 20.00 Uhr abgeschlossen. Die Personen seien aber "deutlich früher" aus dem Tunnel draußen gewesen. Einen genauen Zeitpunkt nannte der ÖBB-Sprecher nicht. Die Gäste wurden zurück nach Wien gebracht. Die Bahnstrecke wurde am Sonntag um 1.14 Uhr wieder vollständig freigegeben. Der liegen gebliebene Zug werde "demnächst" nach Deutschland überstellt. Am Sonntag kündigten die ÖBB an, "mindestens die Kosten des Zugtickets zu 100 Prozent" rückzuerstatten.

Kritik von Gewerkschaft

Die Gewerkschaft vida fordert, nach dem ICE-Zwischenfall bei Wien, in einer Aussendung eine klare Analyse und Maßnahmensetzung – sowohl für die praktischen Abläufe bei Notfällen als auch für die organisatorischen Strukturen innerhalb der ÖBB. "Wenn eine Evakuierung im Tunnel mehrere Stunden dauert, dann ist das nicht nur ein technisches Problem. Da sind offenbar Probleme anzugehen, die in einem integrierten Konzern wie den ÖBB bisher nie vorgekommen sind", sagt Olivia Janisch, stellvertretende Vorsitzende des Fachbereichs Eisenbahn in der vida.

Technische Ausfälle im Bahnbetrieb könnten nie völlig ausgeschlossen werden. Deshalb sei es umso wichtiger, dass man für derartige Fälle entsprechend vorbereitet sei. "Unsere langjährige Forderung nach ausreichend qualifiziertem Fachpersonal am Zug ist aktueller denn je. Wenn der Ausnahmefall eintritt, braucht es qualifiziertes Zugpersonal, das professionell und in enger Abstimmung mit der Einsatzleitung handeln kann. Dass hunderte Fahrgäste ruhig geblieben sind, ist dem bedachten Handeln der Zugmannschaft zu verdanken", so die Gewerkschafterin.

vida ortet erheblichen Verbesserungsbedarf

Die Gewerkschaft vida ortet laut ihrer Aussendung "erheblichen Verbesserungsbedarf in der Koordination zwischen der ÖBB-Infrastruktur AG und den Vorgaben für die Eisenbahnverkehrsunternehmen". "Gerade in Ausnahmesituationen muss die Zusammenarbeit zwischen dem Netzbetreiber ÖBB-Infrastruktur AG und allen beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen reibungslos funktionieren. In einem integrierten Konzern wie den ÖBB, der viele betriebliche Bereiche unter einem Dach vereint, sind klare Schnittstellen und abgestimmte Zuständigkeiten essenziell – erst recht im Zusammenspiel mit externen Partnern. Ob diese Verzahnung im konkreten Fall ausreichend funktioniert hat, muss nun kritisch hinterfragt werden", sagt Olivia Janisch.

Angesichts des aktuellen Vorfalls und der bevorstehenden Inbetriebnahme des Koraltunnels fordert die Gewerkschaft vida klare und verbindliche Zeitvorgaben für die Anwesenheit von Personal vor Ort (zum Beispiel Einsatzleitung) sowie für Evakuierungsmaßnahmen im Schienenverkehr. Zudem wird mehr Zugpersonal gefordert, um im Ernstfall rasch, zuverlässig und mit ausreichend Personal reagieren zu können. "Sicherheit im Bahnverkehr ist kein Zufallsprodukt. Sie muss aktiv geplant, organisiert und ausreichend personell abgesichert werden – alles andere wäre fahrlässig", so die Gewerkschafterin Janisch.

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