Ein Video sorgt für Wirbel. Ein Häftling wurde erst nach 21 Minuten aus den Flammen gerettet.
Ein 32 Jahre alter Häftling hat am 16. Oktober 2016 in einem Mehrpersonenhaftraum der Justizanstalt Wien-Josefstadt einen Brand verursacht. "Er hat eine Decke angezündet", sagte Polizeisprecher Patrick Maierhofer damals zum Vorfall. Insgesamt 14 Personen wurden verletzt. Die Berufsrettung brachte drei Insassen - darunter auch den Brandstifter - und elf Justizwachebeamte mit Rauchgasvergiftungen ins Krankenhaus.
Video sorgt für Wirbel
Nun sorgt ein Video aus jener Nacht, das die Wochenzeitung „Falter“ jetzt veröffentlichte, für Wirbel. Es dokumentiert die dramatische Rettung der Häftlinge und zeigt eindeutige Missstände im System auf.
Es zeigt unter anderem, dass die Häftlinge teilweise erst nach 21 Minuten (!) aus der Flammenhölle befreit wurden. Miragha Gholamazart drückte damals in der Viermannzelle den Alarmknopf. Wie er dem Falter erzählt, schrie er damals durch die Gegensprechanlage: „Komm! Komm! Mann brennen! Mann machen Feuer! Macht auf!“
Doch die Wachbeamtin antwortete darauf nur: „Verhaltet euch ruhig, öffnet das Fenster und löscht mit Wasser.“
Rettung erst nach 21 Minuten in der Flammenhölle
Aber zu diesem Zeitpunkt waren die Flammen schon zu groß. Gholamazart dachte, er müsse sterben. „Ich verabschiedete mich innerlich von meinem Sohn“, erzählt er. Der gebürtige Brite, der wegen Körperverletzung eine Strafe absaß, wurde erst nach einer Viertelstunde gerettet. Er wurde schwer verletzt geborgen und fiel sogar ins Koma, sagt er.
Schwer zu glauben, aber damit hatte er noch Glück. Sein Mitinsasse Nabi N. wurde erst 21 Minuten später gerettet.
Als das Feuer ausbrach, steckten die Insassen ihre Köpfe durch die Zellenklappe. Sie versuchten, noch ein wenig Luft zu bekommen. Derweil gingen zwei Wachbeamte, sogenannte „Durchgeher“ vor den Türen auf und ab. Unternommen haben sie nichts. Gholamazart glaubt, sie hätten es absichtlich getan, aber tatsächlich konnten sie nicht viel unternehmen.
600 Grad an Zimmerdecke
Als Wachbeamte haben sie keine Zellenschlüssel, sondern nur Waffen. Und diejenigen, die den Schlüssel haben, tragen keine Waffen – Haftanstaltsordnung. Dies soll vor Revolten schützen, heißt es.
Die beiden Justizbeamten stellten indes Feuerlöscher vor die Türe und riefen Verstärkung. Es wurde die Anstaltsfeuerwehr und die Berufsfeuerwehr Wien alarmiert. Innerhalb von Minuten wurde die Zimmerdecke durch das Feuer auf 600 Grad erhitzt. Hinzu kamen noch die giftigen Dämpfe. Letzten Endes wurden sie zwar nach 21 Minuten aus der Flammenhölle gerettet, trugen aber schwere Verletzungen davon. Der Brandstifter, der als „gewaltbereit“ eingestuft wurde und mit drei weiteren Insassen in eine Zelle gesteckt wurde, bekam zwölf Jahre Haft. Die Beamten erhielten eine Prämie.
© wip
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Griss ortet "Organisationsversagen"
Für die Justiz ist der Fall damit abgeschlossen. Aber für die Neos-Abgeordnete und ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Irmgard Griss ist das ein „Organisationsversagen“. Hier laufe „etwas gewaltig falsch“ im Justizsystem und zwar in der Regierung. Sie fordert eine grundlegende Strafvollzugsreform. Es dürfe nicht sein, dass psychisch gestörte oder gefährliche Insassen überfrachtet werden und gleichzeitig im System massiv gespart werde, so Griss. Den Beamten mache sie keine Vorwürfe, obwohl Experten ihr Verhalten teilweise kritisieren. Beamtenschelte sei zu einfach, so Griss. Sie sieht das Ministerium in der Verantwortung.