FPÖ: 'Sima handelt illegal'

Harter Polit-Streit um Rauchverbot entbrannt

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Keine Schonfrist für Gastronomen. Das Marktamt startet Punkt Mitternacht mit Aktion scharf in Wien. Die FPÖ hält das für einen Skandal.

Um Mitternacht wird der Zigarette der Gar ausgemacht - zumindest in allen Lokalen Österreichs. Dann tritt das absolute Rauchverbot auch bei uns in Kraft  - ohne Ausnahme: auch in Shisha-Bars und Diskotheken. Im Mai 2018 hätte das rigorose Verbot eigentlich starten sollen, die ÖVP-FPÖ-Regierung blies es ab. Jetzt, 549 Tage später, geht es erst wirklich los.

 

Video zum Thema: Rauchverbot: Wer bleibt am Zug?

 

Losgeht nun auch eine Aktion scharf gegen das Tschicken in den Lokalen in Wien. Das Marktamt wird nach Mitternacht mit aktiven Kontrollen starten. Von den insgesamt 80 Kontrolleuren werden sich bis zu 14 nur auf Rauchvergehen konzentrieren. Wo genau kontrolliert wird, wird freilich nicht verraten. Allerdings kündigte die zuständige Gesundheitsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bereits an, keine Schonfrist für Lokale gelten zu lassen.  Dem Besitzer des Gastronomiebetriebs droht bei einem Verstoß – beim ersten Mal – eine Strafe von bis zu 2.000 Euro aufgebrummt. Bei mehrmaligen Vergehen kann die Summe auf 10.000 Euro steigen (Gem. § 14 Abs. 4 bzw. 5 des Tabakgesetzes).

FPÖ läuft gegen Sima Sturm

Keine Schonfrist? Das ärgert vor allem die FPÖ. "Die von Ulli Sima angekündigten drakonischen Strafen von mehr als 800 Euro ab dem ersten Vergehen gegen das Nichtrauchergesetz widersprechen der von Türkis-Blau beschlossen Beratungspflicht im Verwaltungsstrafgesetz“, erklärt FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp. Diese besagt laut FPÖ-Aussendung, dass die Behörde den Gastronomen bei Verstößen beraten und eine Frist zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes einräumen muss. Erst nach Ablauf dieser Frist kann gestraft werden. „Würde Sima nun der Behörde anderslautende Weisungen erteilen, könnte dies als Bestimmung zum Amtsmissbrauch ausgelegt werden“, droht Nepp und kündigt in diesem Fall auch rechtliche Schritte an.

Auch der Obmann der Wiener Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Peter Dobcak, kritisiert die aus seiner Sicht fehlende Schonfrist für Wirte und fühlt sich gar an einen "Polizeistaat" erinnert, zitiert der "ORF Wien" ihn online. Vom Marktamt wurde die Kritik umgehend zurückgewiesen. Das Gesetz sei Anfang Juli im Nationalrat beschlossen worden und daher habe es auch eine Übergangsfrist gegeben.

Die FPÖ-Wien hat daher bereits eine Hotline (Tel.: 0800070110) und eine Mailadresse eingerichtet und bietet jedem Unternehmer an, sich zu melden, wenn bereits ab dem ersten Vergehen gegen das Rauchverbot eine Strafe gegen ihn verhängt wurde.

Jetzt auch Strafen für Raucher

Aber nicht nur die Besitzer werden bestraft - jetzt sind auch Strafen für Raucher fix. Beim ersten Erwischen drohen bis zu 100 Euro Strafe, im Wiederholungsfall bis zu 1.000 Euro – das belegen Informationen aus dem Sozialministerium.

Zuständig für die Kontrollen sind die Behörden, die sonst die Lebensmittelsicherheit, den Verbraucherschutz und die Arbeitsumstände überprüfen. Auf Verstöße gegen das Verbot wird dann parallel geachtet. Allerdings werden die Strafen für Gäste nicht vom Marktamt verhängt, da den Kontrolleuren die Berechtigung fehlt einen Ausweis zu verlangen. Dies falle dann ins Aufgabengebiet der Polizei.

Video zum Thema: Alexander Hengl zu den Kontrollen vom Rauchverbot

Experte erwartet -15% bei Herzinfarkten

Positive Nachrichten: Ein funktionierendes Rauchverbot in der Gas­tronomie sollte von ­Beginn an spürbar sein. Schon in der ersten Woche soll es zu 623 weniger Spitalsaufenthalten kommen. Zu diesem Ergebnis kommt Florian Stigler, Sozialmediziner in Graz.

Der Experte analysierte die Auswirkungen eines Rauchverbots in anderen Ländern und legt diese Werte auf Österreich um. Die Zahl gefährlicher Erkrankungen sollte demnach schon bald rasant sinken: Herzinfarkte um 15 Prozent, Schlaganfälle um 16 Prozent und Lungenentzündungen um 24 Prozent.

Nächster Wirt macht 
wegen Rauchverbot dicht

Ein Gasthof in der Wachau sperrt jetzt zu: Ohne Raucher verdiene man zu wenig. Für Gastronom Michael Pichler ist es unverständlich: „Der Bundespräsident hat auch ein Raucherkammerl, aber ich darf das in meinem Lokal nicht erlauben.“

Fast alle rauchen. Pichler sperrt ab 1. November sein Gasthaus Zur Weißen Rose in der Wachau für immer zu, will nur mehr für private Veranstaltungen die Küche und die Bar in Betrieb nehmen. „Es zahlt sich einfach nicht mehr aus. 90 % meiner Gäste sind Raucher.“ Nachsatz: „Nichtraucher konsumieren viel weniger.“ Nicht einen einzigen Versuch will er als Nichtraucherlokal starten.

Zur Weißen Rose
© Zur Weißen Rose

Hype um Raucherpartys

Das neue Gesetz als Spektakel mit Festen und internationaler Berichterstattung. Viele Lokale begrüßen das Rauchverbot auf ihre Art. Im Kultlokal Rüdigerhof beim Naschmarkt in Wien steigt das größte Fest: Live-Konzerte, Zigaretten gratis, so lange der Vorrat reicht. Der Sender FM4 sendet live von hier.

Im beliebten Bermudadreieck in der Innenstadt haben sich die Lokale zusammengeschlossen und begrüßen das Verbot – wie zu Silvester – mit einem Countdown.

Schon gestern stieg das allerletzte Fest im Raymond’s in Wien. Die BBC und Radio France wollten berichten. Der Wirt gibt wegen des neuen Gesetzes auf.

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