SPÖ-Chefin über Neuwahl-Chance

Rendi: "Kurz wollte keinen Dialog"

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Die SPÖ-Chefin über den Misstrauensantrag, Neuwahlen und Chancen ihrer Partei

ÖSTERREICH: Sie haben gestern die designierte Übergangskanzlerin Bierlein getroffen. Wie ist Ihr Eindruck von ihr?

Pamela Rendi-Wagner: Wir hatten ein sehr intensives und langes Gespräch, das sehr vertrauensvoll war. Brigitte Bierlein hatte mich gleich nach ihrer Nominierung angerufen. Sie sucht den Dialog und ist wertschätzend.

ÖSTERREICH: Sie meinen im Unterschied zu Ihrem Vorgänger?

Rendi-Wagner: Richtig. Die letzten 17 Monate und die letzten 12 Tage waren nicht durch Dialogbereitschaft von Sebastian Kurz geprägt. Er hatte nur vorgegeben, reden zu wollen. Es gab keine echte Dialogbereitschaft. Diesen Weg haben erst Bundespräsident Van der Bellen und Bierlein beschritten. Damit ist eine neue Vertrauensbasis mit der Übergangsregierung bis zur Wahl möglich.

ÖSTERREICH: Die neue Übergangsregierung scheint aber ­eine Proporzregierung nur mit drei Parteien zu sein. Wieso müssen das nun türkise, rote und blaue Beamte sein?

Rendi-Wagner: Es ist ein unabhängiges Expertenkabinett, wo Kompetenz zählt und das über Parteigrenzen hinweg anerkannt wird. Was wir aber nicht brauchen, sind politische Generalsekretäre und aufgeblähte Kabinette wie unter Türkis-Blau.

ÖSTERREICH: SPÖ und FPÖ haben sich inoffiziell auf Wahltermin 29. September geeinigt. Van der Bellen wollte einen Wahltermin Anfang September. Warum Sie erst so spät?

Rendi-Wagner: Ich möchte, dass möglichst viele Menschen wählen gehen können. Ein Antrag für einen Wahltermin September wurde diese Woche von allen Parteien im Parlament eingebracht, im Verfassungsausschuss wird der Termin festgelegt. Unsere Präferenz ist Ende September, damit viele Menschen wählen können.

ÖSTERREICH: Man hat den Eindruck, dass keiner mehr – auch keine Medien –, aber speziell auch die SPÖ gar nicht mehr über die Inhalte des blauen Ibiza-Videos redet. Lässt man die FPÖ da aus der Verantwortung?

Rendi-Wagner: Es ist notwendig, die nächsten Monate für eine unabhängige und transparente Aufklärung zu sorgen. Das muss ein neuer unabhängiger Leiter des Innenministeriums lückenlos aufklären lassen. Das ist auch wichtig, um das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen. Ich bin sehr froh, dass mit Clemens Jabloner ein anerkannter Verfassungsjurist als Justizminister Garant für Aufklärung sein wird. Wir wollen dazu ein neues Transparenzgesetz beschließen mit einem Verbot von privaten Großspendern. Wahlkampfkostenüberschreitungen, wie zuletzt von der VP, müssen strenger bestraft werden.

ÖSTERREICH: Obwohl die VP-FP-Regierung geplatzt ist, trotz des blauen Skandals hat die SPÖ bei der EU-Wahl nur ihr historisch zweitschlechtestes Ergebnis erreicht. Läuft da nicht was schief in der SPÖ?

Rendi-Wagner: Unser klar proeuropäischer Themen-Wahlkampf ist in den letzten Tagen von der innenpolitischen Krise überschattet worden. Die ÖVP hatte das genützt, um so ihre eigenen Wähler zu mobilisieren.

ÖSTERREICH: Ihr engeres Team steht SPÖ-intern schwer in der Kritik. Halten Sie an dem Team fest?

Rendi-Wagner: Wir müssen in den kommenden vier Mo­naten klarmachen, wofür wir stehen. Dazu müssen alle an ­einem Strang ziehen. Ich stehe zu meinem Team und halte ­daran fest.

ÖSTERREICH: Der Nichtraucherschutz war Ihnen immer ein Anliegen. Werden Sie jetzt einen neuen Antrag im Parlament stellen?

Rendi-Wagner: Die nächsten Monate sind eine Chance, da keiner mehr an einen Koalitionspakt gebunden ist. Viele Menschen sagen mir, es ist auch eine Chance, jetzt Leben zu retten. Wir werden einen ähnlichen Antrag, wie wir ihn schon einmal einbrachten, demnächst im Parlament einbringen, um ein Rauchverbot in der Gastronomie zu beschließen, dieses soll dann ab September 2019 gelten.

I. Daniel

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