Außerdem setzt die ÖVP auf Molterer als neuen EU-Kommissar.
Mit einem neuen Vorschlag hat ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf am Sonntagabend in der Fernseh-Diskussion "Im Zentrum" in der Debatte um eine Abwahlmöglichkeit des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) aufhorchen lassen. Wenn ein Nationalratspräsident die Bundesverfassung verletzt, dann sollte der Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit eine Anklage beim Verfassungsgerichtshof beschließen können. Die Entscheidung würde dann der VfGH treffen. Damit würden die Nationalratspräsidenten etwa auf den Schutz des Bundespräsidenten reduziert. Im Falle Grafs würde aber auch das wohl keine Abwahl bedeuten, schränkte Kopf ein, weil keine Verletzung der Bundesverfassung gegeben sei. Eine freie Abwahl eines Präsidenten durch den Nationalrat lehnte Kopf hingegen weiter ab.
SPÖ will weiter Abwahl
SPÖ-Klubobmann Josef Cap wollte sich
dazu noch nicht endgültig festlegen. Er kündigte nur an, dass man sich den
Vorschlag sehr genau ansehen werde. Cap verwies auf die Forderung seiner
Partei, wonach ein Nationalratspräsident mit Zwei-Drittel-Mehrheit abwählbar
sein sollte. Der stellvertretende Klubobmann der Grünen, Werner Kogler,
forderte Kopf auf, die Abstimmung über eben diesen Gesetzesvorschlag, den
die Grünen am Dienstag im Parlament einbringen werden, freizugeben. Seiner
Auffassung nach gibt es bereits eine Mehrheit im Nationalrat für die Abwahl
Grafs, auch einige ÖVP-Abgeordnete seien dafür. Der stellvertretende
FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer warf SPÖ und Grünen eine "Politik
mit Hass" gegen Graf vor und meinte, dessen Kritik am Präsidenten der
Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, habe nichts mit
Antisemitismus zu tun.
EU-Kommissar
Zum eigentlichen Thema der Diskussion, den Folgen
der EU-Wahl, ließ Kopf deutlich erkennen, dass die ÖVP den früheren
Vizekanzler Wilhelm Molterer für den Posten des EU-Kommissars nominieren
wolle. Der Klubobmann meinte, Molterer wäre für die Funktion "geradezu
prädestiniert". Er halte den Ex-Finanzminister für einem Politiker
mit einer politischen und inhaltlichen Breite wie kaum ein anderer. Cap
meinte nur, entscheidend für die Auswahl der Person sei das Ressort, das
Österreich zu besetzen haben werde. Im Übrigen sollte man jetzt nicht über
Personen spekulieren, sondern über Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise und
für mehr Sicherheit. Den Vorschlag der Grünen für ein Hearing der Kandidaten
unterstützte Cap. Hofer kritisierte, dass die Entscheidung längst ausgemacht
sei und sich die SPÖ an die ÖVP verkauft habe.
Kommissionspräsident
Zur Frage des künftigen
Kommissionspräsidenten wollen die Grünen am Mittwoch im Hauptausschuss eine
Bindung des Bundeskanzlers verlangen, dass Jose Manuel Barroso beim EU-Rat
diese Woche nicht für eine zweite Amtsperiode designiert wird. Kogler schlug
vor, dass man Barroso nur provisorisch bestellen sollte, bis der
Lissabon-Vertrag in Kraft ist, weil dann das EU-Parlament mehr Rechte habe.
Cap lehnte dies ab, weil es unehrlich sei so zu tun als ob, diese Frage noch
offen sei. Barroso habe bereits die Zustimmung von vielen Regierungschefs.
Auch Kopf lehnte eine provisorische Lösung ab, weil man angesichts der Krise
eine rasche Entscheidung brauche.
BZÖ und Grüne dagegen
Das BZÖ hat den Vorschlag von
ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf in der Debatte um Abwahlmöglichkeiten des
Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) am Montag abgelehnt.
BZÖ-Klubobmann Josef Bucher hat dies am Rande einer Pressekonferenz als "nicht
unterstützungswürdig" bezeichnet.
Auch die Grünen lehnen den ÖVP-Vorschlag ab. Die Idee, wonach der Nationalrat mit Zweidrittelmehrheit eine Anklage beim Verfassungsgerichtshof beschließen können soll, wenn ein Nationalratspräsident die Bundesverfassung verletzt, "geht vollkommen am Problem vorbei", meinte die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig.