WKStA wirft Ex-Finanzminister vor, seine Millionenprovisionen bei Meinl International Power nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben.
Am 4. Dezember 2020 wurde Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/später ÖVP) von einem Schöffengericht in Wien in den Causen Buwog und Terminal Tower Linz zu acht Jahren Haft verurteilt, nicht rechtskräftig. Grasser hat volle Berufung angemeldet, das Berufungsverfahren wird aber heuer nicht mehr stattfinden. Ein gerichtsfreies Jahr wird 2022 trotzdem nicht, denn ab 13. Juni muss sich Grasser in einem Finanzstrafverfahren im Wiener Straflandesgericht verantworten.
Dabei geht es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung bei den Provisionen für sein Engagement bei Meinl International Power (MIP) nach seinem Ausscheiden aus der Politik. Grasser und sein mitangeklagter Berater bestreiten den Vorwurf, es gilt die Unschuldsvermutung. Grasser-Anwalt Norbert Wess, der den Ex-Minister schon im Mammutprozess um die Buwog rechtlich vertreten hat, ist zuversichtlich, dass das Verfahren mit einem Freispruch endet, wie er heute zur APA sagte. Rechtsanwalt Manfred Ainedter, der neben Wess die rechtsfreundliche Unterstützung Grassers im Buwog-Prozess übernommen hatte, ist bei diesem weit weniger aufwendigen Verfahren nicht mehr dabei.
Und darum geht es: Das Gericht hat zu klären, ob die MIP-Vertriebsprovisionen Grasser zurechenbar sind und ihn eine persönliche Steuerpflicht trifft - der Ex-Finanzminister sieht es nicht so. Er sagt, er habe sich voll auf seinen Berater verlassen, während dieser angibt, Grasser habe die Konstruktion eigenmächtig verändert. Es geht dabei um einen Provisionserlös von 4,38 Mio. Euro an Meinl-Provisionen, von denen Grasser 2,16 Mio. Euro an Abgaben hinterzogen haben soll. Grasser sieht seinen Berater in der Pflicht, dieser habe die Idee für die Konstruktion via dem Steuerparadies British Virgin Islands gehabt.
Der Strafrahmen sieht eine Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages vor. Neben der Geldstrafe kann eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren verhängt werden.
Grasser war nach seiner Amtszeit als Finanzminister im Jahr 2007 in das Meinl-Wirtschaftsimperium eingestiegen. Die Meinl Power Management Ltd. (MPM) mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey war die Managementgesellschaft der Meinl International Power (MIP), die im Jahr 2007 an die Börse ging. Grasser war an der MPM beteiligt, ebenso die Meinl Bank. 2009 zog sich Grasser aus der Gesellschaft zurück.
Über die rechtskräftige Anklage hatte der "Standard" zu Jahresbeginn berichtet und aus der 100-seitigen Anklageschrift zitiert. Laut WKStA habe sich demnach Grasser als "steuerlicher Dilettant" dargestellt, was ihm die Ermittler nicht abnahmen. Vielmehr habe Grasser ein "überdurchschnittliches steuerrechtliches Wissen" und stütze sich dabei auf sein Betriebswirtschaftsstudium, seine Diplomarbeit und seine sieben Jahre als Finanzminister. Grasser wiederum habe angegeben, sich entsprechende Dokumente "großteils nicht einmal durchgelesen, sondern unreflektiert unterschrieben" zu haben. Sein Berater bestritt das, Grasser selbst habe Änderungswünsche angestoßen. Die WKStA ordnet das so ein: Beide seien sie bestrebt gewesen, "ihre eigene Verantwortung kleinzureden und aufs Gegenüber abzuschieben".