Teuerung

Lebensmittelgipfel: Handel will nicht an hohen Preisen Schuld sein

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Rauch, Kogler und Totschnig diskutieren heute mit Branchenvertretern die Ursachen für die Preissteigerungen bei Lebensmitteln.

Wien. Sozialminister Johannes Rauch und Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen sowie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) beraten bei einem Lebensmittel-Gipfel mit Vertretern von Handel und Industrie, was man gegen die starke Teuerung bei Lebensmitteln unternehmen könnte. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will und WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik sehen die Schuld für hohe Preise in den Kosten für Energie, Miete, Steuern und nicht in der Branche.

Lebensmittelgipfel: Handel will nicht an hohen Preisen Schuld sein
© APA/HELMUT FOHRINGER
× Lebensmittelgipfel: Handel will nicht an hohen Preisen Schuld sein

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"Der Wettbewerb ist perfekt", so Will in der "ZiB 2". Zwar werde der Lebensmittelmarkt in Österreich fast zur Gänze von den vier großen Ketten Rewe, Spar, Hofer und Lidl kontrolliert, doch könne keiner dieser Händler seine Preise erhöhen, weil er sonst Kunden verlieren würde, argumentiert Will. Ursache für die Teuerung seien "die durch die Decke gehenden Energiekosten, die Mietpreissteigerung und die Personalkosten, aber auch die Finanzierungskosten der Banken." Der heimische Handel habe nur ein bis zwei Prozent Gewinnspanne. Die börsennotierten internationalen Markenartikel-Produzenten hätten aber Gewinnsteigerungen im zweistelligen Prozentbereich verzeichnet. Falls es zu einer Senkung der Mehrwertsteuer käme, wie sie von SPÖ, FPÖ und Grünen ins Spiel gebracht wird, würde der Handel die Senkung "selbstverständlich" ein zu eins weitergeben, versicherte Will. Ein temporäres Einfrieren der Preise bestimmter Lebensmittel sei nicht möglich, sagte Will. "Wenn die Inflation durch die anderen Treiber steigt, können wir die Preise nicht halten." Zudem werde bei dem Modell den großen Ketten "ein Körberlgeld unterstellt, das nicht erzielt wird". Die Nahversorger könnten dabei "unmöglich mit."

Auch Trefelik sieht keinen Handlungsbedarf bei Wettbewerb

Auch Rainer Trefelik, Obmann der Handelssparte in der Wirtschaftskammer, sieht keinen Handlungsbedarf bei Transparenz oder Wettbewerb. Auch im Energiesektor gebe es keine Preistransparenz, vergleicht Trefelik. Über eine Veröffentlichung der Preise einzelner Produkte könne man reden, aber es gebe "kein Urmaß bei Butter, Reis oder Mehl", die Qualitäten seien unterschiedlich, Preisvergleiche daher anders als bei Benzin schwierig. Alle angebotenen Produkte öffentlich zu machen wäre ein zu hoher bürokratischer Aufwand. Trefelik sieht in der Kritik am Lebensmitteleinzelhandel vor allem Populismus. Der Großhandelsindex etwa sei zwar insgesamt gesunken, nicht aber bei relevanten Kategorien wie Zucker, Backwaren oder anderen für Lebensmittel relevanten Produkten. Transparenz gebe es über die Plattformen der Supermarktketten ohnehin, "die Konsumenten können sich gut informieren, wenn sie wollen", so Trefelik im "Morgenjournal". Der Weg für eine Absenkung von Preisen ist aus Trefeliks Sicht eine Verringerung der Kosten der Händler, vor allem für Energie, aber auch Mietkostenindizierung sollte abgeschafft werden. Preisvergleiche mit Deutschland seien unfair, der deutsche Markt sei zehn Mal so groß und die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel mit sieben Prozent niedriger als in Österreich, wo zehn Prozent Steuern fällig werden. Außerdem gebe es in Deutschland mehr Diskonter, in Österreich mehr Bio. Eingriffe in die Preise lehnt Trefelik ab.

Zum Sozialgipfel am Montag ist auch IHS-Direktor Klaus Neusser eingeladen. Er hält ein Einfrieren der Preise für bestimmte Lebensmittel für eine gewisse Zeit für überlegenswert, wie er in der ORF-"Pressestunde" sagte. "Alles, was auf freiwilliger Basis gemacht wird, ist sicher gut." Eine Mehrwertsteuer-Senkung für bestimmte Lebensmittel würde hingegen die Nachfrage und damit die Inflation befeuern.

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