Tagung ab 10 Uhr

Machtkampf in Russland: Nehammer beruft Krisenkabinett ein

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Angesichts der dramatischen Ereignisse in Russland beruft Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für Sonntag das Krisenkabinett ein. Es tagt ab 10 Uhr. 

Das berichtete ein Sprecher des Regierungschefs Samstagabend der APA. Bei der Sitzung werden neben Kanzler und Vizekanzler unter anderem Verteidigungsministerin, Außenminister und Innenminister zusammentreffen. Für die kommenden Tage ist eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats geplant. Diese hatte davor die SPÖ eingefordert.

Aus dem Nehammer-Büro hieß es zudem, dass der Kanzler stündliche Lage-Updates von allen zur Verfügung stehenden Kanälen erhalte. So mache man sich ein ständig aktualisiertes Lagebild.

Schon am Rande des "Europaforums" in Göttweig hatten sich Nehammer und seine EU-Amtskollegen besorgt gezeigt: "Atomwaffen dürfen nicht in die falschen Hände gelangen", sagte der Kanzler. Er stehe in Kontakt mit EU-Kollegen, und die westlichen Geheimdienste würden die Lage in Russland laufend analysieren.

Meloni: "Sehr chaotische Situation in Russland"

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, ebenfalls in Göttweig, erklärte, "dass wir uns jetzt in der EU von der Unterstützung der Ukraine nicht ablenken lassen dürfen." Es sei eine "sehr chaotische Situation in Russland", die zu Instabilität führe und "der Propaganda Moskaus der letzten Monate klar widerspricht." Sie könne schon jetzt feststellen, "dass die Propaganda von der Kompaktheit und des Zusammenhalts des russischen Regimes nicht stimmt", betonte Meloni. Gleich nach der Rückkehr nach Rom später am Samstag habe sie eine Regierungssitzung mit den italienischen Geheimdiensten angesetzt.

Nehammer betonte die gemeinsame Vorgangsweise mit Italien und anderen EU-Partnern. "Die Vorgänge in der Russischen Föderation sind immer von größter strategischer Bedeutung, weil Russland biologische, chemische und nukleare Waffen besitzt."

Auch Bulgariens Staatspräsident Rumen Radev wies beim Europaforum in Göttweig auf die Notwendigkeit hin, wegen der Ereignisse in Russland rasch Maßnahmen zum Schutz der EU-Mitgliedsstaaten zu ergreifen. "Wenn sich die Sicherheitssituation in Russland weiter verschlechtert- was passiert mit tausenden nuklearen Sprengköpfen und chemischen Waffen in Russland?", zeigte sich Radev besorgt.

Nehammer-Abschlussrede von Klimaaktivisten unterbrochen

Nehammer übte in seiner Abschlussrede, die von einer Wortmeldung eines Klimaaktivisten kurz unterbrochen wurde, Kritik am Krieg Russlands gegen die Ukraine. "Eine Supermacht mit Atomwaffen hat das Völkerrecht mit Füssen getreten."

Die EU-Sanktionen gegen Russland seien notwendig gewesen. "In Österreich hat kein einziges Unternehmen oder Bankinstitut unsere Sanktionen hinterfragt", so Nehammer. Österreich sei zwar seit 1955 ein neutrales Land, aber "vollsolidarisch mit der Weltgemeinschaft" und auch solidarisch in der EU. Es sei weiter wichtig "Täter und Opfer zu benennen". Dazu sei es auch notwendig, "Kriegs-Narrativen Russlands" entgegenzutreten. "Lügen bleiben Lügen", so Nehammer.

Der Botschafter der Ukraine in Österreich, Wassyl Chymynez, erklärte im Gespräch mit der APA beim Europaforum: "Das ist ein Krieg, den Putin gegen die Ukraine 2014 begonnen hat. Die Handlungen Prigoschins seit gestern zeigen, dass die russische Propaganda, die diesen Krieg gegen uns rechtfertigte, nun völlig zerstört wurde. Putin hat die Probleme im eigenen Land selbst verursacht. Es zeigt die Schwäche von Russlands Regime. Mit jedem Tag des Kriegs gegen die Ukraine wird Russland schwächer. Was jetzt zählt, ist die weitere Unterstützung der Ukraine."

"Wir erleben jetzt wieder einen Putsch in Russland"

Chymynez erinnerte auch an den Putsch gegen den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow im August 1991. "Wir erleben jetzt wieder einen Putsch in Russland. Und Putin könnte schuld am Zerfall der Russischen Föderation sein."

EU-Kommissar Johannes Hahn sprach von einer "fragilen, undurchsichtigen Sache". "Wir müssen jetzt sicherstellen, dass die Ukraine weiter die Unterstützung bekommt, die sie benötigt."

SPÖ-Chef Andreas Babler bezeichnete die Situation am Rand des Landesparteitages der niederösterreichischen Sozialdemokraten in St Pölten als "unübersichtlich und brandgefährlich", die potenziellen Auswirkungen auf die Sicherheit Österreichs und Europas seien unabsehbar. "Deshalb verlangen wir die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrat. Die Regierung muss uns eine Einschätzung der Lage geben. Wir müssen gemeinsam besprechen, wie Österreich darauf reagieren soll."

Außenministerium verhängte partielle Reisewarnung 

Angesichts der Ereignisse verhängte das österreichische Außenministerium eine partielle Reisewarnung für Russland. Das Außenministerium warnt vor allen Reisen in die an die Ukraine angrenzenden russischen Verwaltungsbezirke Belgorod, Kursk, Brjansk, Woronesch, Rostow und Krasnodar. Insbesondere die Stadt Rostow sowie das Umland sollen gemieden werden. Auch in Moskau und anderen Städten Russlands soll "eine erhöhte Aufmerksamkeit an den Tag gelegt werden".

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