''Das gute ist ja, das war früher grüne Mission, inzwischen ist es Staatsraison'', sagte sie im APA-Interview. An der Koalition will sie nicht rütteln, habe man doch wieder ein produktives Jahr hinter sich.
Wien. Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer sieht das Abwenden der Klimakrise als "alleroberstes Ziel" der Regierungsbeteiligung ihrer Partei. "Das gute ist ja, das war früher grüne Mission, inzwischen ist es Staatsraison", sagte sie im APA-Interview. An der Koalition will sie nicht rütteln, habe man doch wieder ein produktives Jahr hinter sich. "Dass die ÖVP regelmäßig irgendwelche eigenen Probleme hat, das kann uns von unserem Kurs nicht abbringen und wird es auch nicht", so Maurer.
"Wir sind in der Situation, dass wir die Möglichkeit haben, aktiv zu gestalten und nicht nur von der Seite zu kommentieren. Und diese Chance nicht wahrzunehmen, wäre ein großer Verrat an den Wähler:innen", sagte sie: "Wir sind gewählt dafür, dass wir alles tun, um die Klimakrise aufzuhalten. Und das tun wir."
Angesprochen auf die Enttäuschung mancher urbaner Linker über die Grünen, verwies Maurer auf die Diversität der Unterstützer: "Es gibt genauso die Menschen, die am Land leben und vor ihrer Haustür sehen, was die Umweltzerstörung anrichtet, und die aus dieser Überzeugung heraus die Grünen wählen."
Maurer: "Das kann ich einfach nicht nachvollziehen"
Ihre Erwartungshaltung sei, "dass wir an Taten gemessen werden, und ich finde, die können sich sehen lassen". Den Vorwurf, dass in der Regierung nichts weitergehe und gegenseitige Blockaden und Revanchefouls in der Zusammenarbeit mit der ÖVP überhand nehmen würden, lässt Maurer daher nicht gelten: "Das kann ich einfach nicht nachvollziehen." Erst kürzlich habe man sich bei der Abschaffung der Maklergebühren geeinigt, davor die Abschöpfung der Übergewinne von Energieunternehmen, die Reform des Parteiengesetzes, die Pflegereform oder auch "so Kleinigkeiten" wie die Abschaffung der Kalten Progression oder die Valorisierung von Sozialleistungen durchgebracht.
Im Bereich der Ökologie erinnerte sie an das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz als eines der umgesetzten Vorhaben unter vielen. "Wir haben gemeinsam mit der ÖVP eine Mehrheit im Parlament, und wir sind die erste Generation, die die Auswirkungen der Klimakrise spürt und die letzte Generation, die noch etwas dagegen tun kann", unterstrich Maurer die Dringlichkeit dieses Anliegens: "Inzwischen haben fast alle kapiert, dass wir hier maßgebliche Schritte setzen müssen, damit wir rauskommen aus der Abhängigkeit von Putin, aber natürlich auch generell von den Fossilen."
Allerdings bräuchten manche Dinge mehr Zeit. "Die Erwartungshaltung, dass wir mit einer 14-Prozent-Partei in drei Jahren Regierungsbeteiligung alles ausbessern können, was Regierungen in den Jahrzehnten zuvor versäumt oder zum Teil sogar verbrochen haben, noch dazu mit einer zumindest den Mandaten nach sehr starken konservativen Partei, das ist kein realistischer Anspruch." Dass sich mit der SPÖ die Klimakrise besser bekämpfen ließe, zieht sie in Zweifel: "Wenn man sich anschaut, was die Sozialdemokratie zu dieser Frage beizutragen hat, dann ist es rückwärtsgewandt und betonorientiert."
"Asyltourismus" sei nicht die Wortwahl der Grünen
Bei Differenzen mit der ÖVP etwa zur Asylpolitik habe man sich klar geäußert, und der Begriff "Asyltourismus" von Kanzler Karl Nehammer sei nicht die Wortwahl der Grünen. "Wir würden uns auch nicht so oft mit Orban fotografieren lassen, wenn wir an der Stelle des Kanzlers wären", meinte Maurer: "Die aktuelle Debatte, die hier angezettelt wurde, trägt nicht zur Lösung bei." Diese müsse eine europäische sein. "Es muss beides möglich sein, Ordnung und Humanität", unterstrich sie.
Angesichts von Corona-Pandemie, Krieg und Teuerung zeigte die Grünen-Klubobfrau Verständnis für die extrem schwierige Situation für die Bevölkerung und deren Frustration. "Unser Job muss es sein, Zuversicht zu vermitteln, Hoffnung zu geben und auch Lösungen anzubieten." Sie erinnerte an die beschlossenen Antiteuerungspakete, aber auch das Befüllen der Energiespeicher und die Abkehr vom russischen Erdgas trotz aller Unkenrufe. An den Umfragewerten allein könne man sich nicht orientieren: "Wir haben Verantwortung übernommen für Österreich, und diese Verantwortung nehmen wir ernst, so sehr auch das Boot manchmal wackelt."