Hearing im Nationalrat

Anti-Terror-Paket: Experten uneins

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Die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes bleibt umstritten.

Uneins haben sich am Donnerstag Experten über die geplanten Änderungen des Sicherheitspolizeigesetzes als Teil des Anti-Terrorpakets bei einem Hearing im Innenausschuss des Nationalrats gezeigt. Während Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, die Notwendigkeit der Novelle betonte, kritisierte etwa Heinz Patzelt von Amnesty International, dass die Novelle in Teilen unbestimmt sei.

Die Novelle sieht u.a. vor, dass Behörden künftig auch bei einzelnen Verdächtigen sogenannte Erweiterte Gefahrenerforschung vornehmen können. Bisher war dies nur bei Tätergruppen der Fall. Konkret geht es um die Überwachung von Personen, die sich öffentlich für Gewalt aussprechen bzw. sich Kenntnisse verschaffen, mit denen Terroranschläge verübt werden können. Neue Ermittlungsmethoden bekommt die Polizei durch die Anwendung von "technischen Mitteln mit Übertragung von Signalen". Dabei handelt es sich konkret um Peilsender, die an einem Fahrzeug angebracht werden können, anstatt die Person direkt zu verfolgen. Und auch Standortdaten von Begleitpersonen sollen künftig erhoben werden dürfen.

Radikalisierte Einzeltäter bildeten einen Trend, der in den letzten Jahren im internationalen Terrorismus anhalte, verwies Gridling, nominiert von der ÖVP, auf zahlreiche Fälle, etwa jenen in Norwegen heuer. Es seien nicht mehr Gruppen, die die Hauptsorge seien, sondern radikalisierte Einzeltäter. Das Internet sei Informations- und Kontaktquelle, selbst wenn die Radikalisierung im privaten Bereich verlaufe, sehe man immer wieder, dass im Internet Spuren hinterlassen werden, etwa in Blogs. Es sei entscheidend, bereits in dieser Phase agieren zu können. Es handle sich um einen sensiblen Bereich und man werde keine hundertprozentige Sicherheit erreichen, räumte Gridling ein, bei den Bestimmungen werde es aber keinen Missbrauch geben und es werde auch keine inflationäre Anwendung geben.

Aus menschenrechtlicher Perspektive sei es geboten, eine Polizei zu haben, die Gefahren abwehren kann, betonte Patzelt, der von den Grünen nominiert worden war. Aber: Je tiefer der Grundrechtseingriff, umso präziser das Gesetz, forderte Patzelt. In manchen Bereichen sei die Novelle aber unbestimmt, kritisierte Patzelt. Auch pochte er auf das Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit: Bei allem Respekt für Manfred Burgstaller (Rechtsschutzbeauftragter des Innenministeriums, Anm.) könne ein Rechtsschutzbeauftragter des Innenministeriums "niemals" die Qualität richterlicher Kontrolle ersetzen.

Besorgt über die Entwicklung einer Einschränkung der Freiheitsrechte zeigte sich Rechtsanwältin Elisabeth Rech, geladen von der FPÖ. In regelmäßigen Abständen würden Gesetze immer mehr weg von der Freiheit hin zu "angeblicher" Sicherheit geändert. Auch werde der Rechtsschutz immer mehr abgeschafft, es gebe immer mehr Überwachung und immer weniger Möglichkeiten für die Menschen, sich zu wehren. Rechtsschutzbeauftragte seien honorige Personen, aber wichtig wäre ein Rechtsschutz gegenüber dem Rechtsschutzbeauftragten - das "Opfer" müsse auf jeden Fall nachher informiert werden und die Möglichkeit haben, sich zu wehren. Sie ersuche auch dringend, bereits beschlossene Gesetze zu evaluieren und auch das kommende nur zu beschließen, wenn es dann auch evaluiert werde. Besondere Kritik äußerte Rech etwa an der Ausweitung der Handyortung auf Begleitpersonen und der Argumentation, dass man damit vor Selbstmord schützen könne.

Jeder werde unter Generalverdacht gestellt, befürchtete der vom BZÖ geladene Rechtsanwalt Alexander Scheer. Ein Rechtsschutzbeauftragter sei nicht geeignet, ein Tribunal darzustellen, das sei ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Scheer stößt sich vor allem an der Erweiterten Gefahrenforschung für Einzelpersonen, er zog sogar einen Vergleich zu Metternich. Er stellte die Frage, ob eine Äußerung am Stammtisch, wonach der Bundeskanzler weg müsse, schon zur Anwendung der Erweiterten Gefahrenforschung führen könnte. Zu den geplanten Überwachungsmöglichkeiten verwies Scheer darauf, dass damit etwa die ärztliche Verschwiegenheit oder das Redaktionsgeheimnis "ausgehöhlt" werden könnten, es sei "totale Überwachung" möglich.

Durch Stellungnahmen und Anregungen etwa des Datenschutzrates habe die Regierungsvorlage "wesentliche Änderungen" erfahren und sei konkretisiert worden, meinte Beate Stolzlechner-Hanifle, stellvertretende Rechtsschutzbeauftragte im Innenministerium und von der SPÖ nominiert. Im Zusammenhang mit der Erweiterten Gefahrenforschung für Einzeltäter betonte sie, dass der Rechtsschutzbeauftragte, der zustimmen müsse, um seine Verantwortung wisse. Die Sicherheitsbehörden hätten detaillierte Pläne und Berichte abzuliefern, auch handle es sich um zeitlich befristete Ermächtigungen. Stolzlechner hob auch hervor, dass der Rechtsschutzbeauftragte weisungsfrei und unabhängig sei. Im Jahr 2010 habe es zur Erweiterten Gefahrenforschung zehn Neuanträge gegeben, die alle genehmigt wurden. Sie verteidigte auch die geplante Erhebung von Standortdaten von Begleitpersonen. 2010 seien rund 900 Handypeilungen durchgeführt worden, davon in rund 650 Fällen wegen eines befürchteten Suizids.
 

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