ÖSTERREICH

Anti-Teuerungs-Kompromiss bringt jedem 200 Euro

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Von Pflegegelderhöhung bis günstigere Nahrungsmittel: SPÖ-Chef Faymann führt letzte Verhandlungen mit den anderen Parteien.

Demnächst ist im Parlament Hochspannung angesagt: 183 Nationalratsabgeordnete werden über sieben Punkte abstimmen – frei von Regierungszwang. SPÖ-Chef Werner Faymann finalisiert nun in Einzelgesprächen mit den Chefs der anderen Parteien das Paket. Nach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Montag ist jetzt Grünen-Boss Alexander Van der Bellen am Mittwoch an der Reihe. Am Freitag wird dann die Sondersitzung des Nationalrats stattfinden. Dort wird der Antrag zum "Teuerungspaket" eingebracht, über den dann am 24. September im Plenum abgestimmt wird.

200 Euro Entlastung
Die Vorschläge kosten den Finanzminister 1,3 Mrd. Euro und bringen den 6,7 Mio. Österreichern ab 15 Jahren im Schnitt 200 Euro Entlastung: Studierende ersparen sich etwa 363 Euro pro Semester, „Hackler“ können abschlagsfrei in Pension gehen, ein Durchschnittshaushalt spart 200 Euro bei Lebensmitteln. Und die 13. Familienbeihilfe macht im Herbst je nach Alter 114 bis 203 Euro aus.

Demnächst wird abgestimmt - so steht es nach derzeitigem Stand (92 von 183 Stimmen sind für einen Beschluss erforderlich):

Das soll beschlossen werden

SPÖ

ÖVP

FPÖ

Grüne

BZÖ

Stimmenanzahl

Erhöhung des Pflegegeldes

JA

JA

JA (1)

JA

JA

183:0

Doppelte Familienbehilfe

JA

NEIN (2)

NEIN (3)

JA

JA

96:87

Lebensmittel-Steuer 5%

JA

NEIN

JA

NEIN

JA (4)

96:87

Studiengebühren beenden

JA

NEIN

JA (3)

JA

NEIN

110:73

Hacklerregelung bis 2013

JA

JA (6)

JA

JA

JA

183:0

Medikamenten-Steuer

JA (5)

NEIN

JA

JA

JA

117:66

Papa-Monat

JA

NEIN

NEIN

JA

JA

96:87

ad 1: FPÖ 20 % Erhöhung
ad 2: ÖVP für Kinder ab 6 Jahren
ad 3: FPÖ für Inländer
ad 4: BZÖ auch Spritpreisentlastung
ad 5: Details noch in Diskussion
ad 6: ÖVP-Antrag mit Einschleifregelung

Besseres Budget
Laut SPÖ-Berechnung würde sich wegen der steigenden Kaufkraft das Budget sogar verbessern. ÖVP-General Hannes Missethon ist skeptisch. „Die Erfahrung der roten Budgetpolitik belehrt uns eines besseren“, sagt er zu ÖSTERREICH. Missethon wettert: „Mittlerweile ist in der SPÖ das nackte Chaos ausgebrochen, die Mehrwertsteuersenkung ist dilettantisch vorbereitet. Faymann verkauft alles, was seinem persönlichen Vorteil nutzt. Der Basar ist eröffnet – es ist unglaublich, was sich derzeit alles auf Kosten der Steuerzahler abspielt.“

Kompromisse
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures ist die Abstimmung am Freitag ein Test darüber, wer in Sachen Entlastung tätig wird – und wer nur darüber redet. Sie richtet ihre Worte vor allem an FPÖ und BZÖ, die immer mehr Forderungen stellen. Jörg Haider will plötzlich die vom BZÖ geforderte Mehrwertsteuerhalbierung auf Nahrung mit Spritpreissenkungen für Autofahrer verknüpfen.

Medikamente
Und Strache pocht auf eine Streichung der Mehrwertsteuer für Medikamente. Die SPÖ ist zu Diskussionen bereit. SPÖ-Staatssekretär Matznetter rechnet vor, dass die Einnahmen aus der Medikamentensteuer 500 Mio. Euro betragen, eine Halbierung kostet 250 Mio. Euro. Allerdings wäre das als Beitrag zur Finanzierung der maroden Krankenkassen zu sehen. Schließlich zahlen die Krankenkassen den Vollpreis der Medikamente samt Steuer, Patienten leisten die Rezeptgebühr von 4,80 Euro.

Luxuslebensmittel
Bei der Halbierung der Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel sollen folgende zwölf Luxusprodukte ausgenommen sein: Kaviar, Langusten, Gänseleber, Hummer, Safran, Trüffel, Wachteleier, Schnecken, Austern, Straußeneier, Krabben und Garnelen. Damit soll das ÖVP-Argument der „Entlastung für Reiche“ entkräftet werden. Zudem hat die FPÖ das zur Bedingung gemacht. SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger hatte in der Vorwoche eine solche Ausnahmeregelung „aufgrund mangelnder Praktikabilität“ noch abgelehnt.

EU-Streit offen
Die EU erlaubt grundsätzlich einen Hauptsteuersatz (bei uns 20 Prozent) und zwei Nebensteuersätze. Künftig wären das 10 % und 5 %. „Der bereits geltende Sondersteuersatz von 12 % für Verkauf von Wein ist davon unberührt“, erklärt Harald Dossi, EU-Sektionschef im Bundeskanzleramt, gegenüber ÖSTERREICH. Dieser sei bereits im Beitrittsvertrag von 1994 mit einer Sonderregelung eingeführt worden.

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