Nachdem keine zusätzlichen Planstellen bewilligt werden, denkt die Justizministerin an eine ausgegliederte Betreuungsagentur.
Das Justizministerium plant eine neue Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Außerdem sollen zusätzliche Psychologen und Mediziner bei einer ausgelagerten "Justizbetreuungsagentur" angestellt werden. Das sind die beiden wesentlichen Punkte im neuen Gesetzesentwurf von SPÖ-Justizministerin Maria Berger. Sie hofft, damit mindestens fünf Millionen Euro sparen zu können. Beamtengewerkschaft und Volksanwaltschaft sind nicht begeistert.
Personal ohne Planstelle
Zur Betreuung geistig abnormer
Rechtsbrecher in den psychiatrischen Krankenhäusern zahlt das Ministerium
derzeit rund 400 Euro pro Person und Tag. Die Betreuung in der Justizanstalt
Göllersdorf kostet laut Gesetzesentwurf nur knapp 200 Euro. Trotzdem wurden
bisher die justizeigenen Betreuungseinrichtungen nicht ausgebaut, weil die
nötigen Planstellen nicht genehmigt wurden. Daher soll das zusätzliche
Personal bei einer "Justizbetreuungsagentur" angestellt werden.
Sonderanstalt in Asten
Weiters plant Berger eine neue
Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher im oberösterreichischen
Asten, die dann mit medizinischem, therapeutischem und Pflegepersonal aus
der Agentur versorgt werden kann. Laut Gesetzesentwurf könnte damit im Jahr
2009 ein Sparpotenzial von 5,2 Mio. Euro im Jahr 2009 lukriert werden, ab
2010 sogar 8,1 Mio. Euro. Kosten würde die Errichtung der Sonderanstalt rund
zwölf Mio. Euro.
GÖD fürchtet Privatgefängnisse
Widerstand kommt
von der Beamtengewerkschaft. Sie warnt vor einem Paradigmenwechsel, wenn der
Bund die Verantwortung für die Resozialisierung der Gefangenen an eine
ausgelagerte Agentur delegieren sollte. Für die GÖD ist das Gesetz der
Startschuss zu einer Privatisierung bzw. Teilprivatisierung der
Justizanstalten.
Volksanwalt sieht Verfassungsproblem
Volksanwalt Peter Kostelka
stellt die Frage in den Raum, ob hier nicht ein "auslagerungsfester Bereich"
ausgegliedert werden soll, der laut Verfassung eigentlich der staatlichen
Verwaltung vorbehalten bleiben müsste. In diesem Fall könnte der
Verfassungsgerichtshof die Ausgliederung kippen.
Außerdem kritisiert der Rote, dass das Justizministerium nur die Aufsicht über die wirtschaftliche Gebarung der Agentur hätte, nicht aber die Fachaufsicht über das Personal. Effekt: Die Volksanwälte dürften Beschwerden der Häftlinge gegen Psychologen und Mediziner der Betreuungsagentur nicht mehr nachgehen. Es drohe daher ein kontrollfreier Raum, warnt die Volksanwaltschaft.
Grüne orten Etikettenschwindel
Kritik kam auch vom Grünen
Justizsprecher Albert Steinhauser, er sprach zu Mittag auf Ö1 von einem
"Etikettenschwindel". Offensichtlich wolle man die Dienstzahlen beim Bund
klein halten, meinte er.
Ministerium weist Bedenken zurück
Im Justizministerium wird
die "Privatisierungsangst" als unbegründet zurückgewiesen. Man werde im
Regierungsentwurf entsprechende Klarstellungen vornehmen, um diese Bedenken
tatsächlich auszuräumen.
Derzeit gibt es in Österreich 28 Justizanstalten und 13 Außenstellen. Für den Maßnahmenvollzug gibt es die Justizanstalt Göllersdorf für zurechnungsunfähige und Wien-Mittersteig für zurechnungsfähige geistig abnorme Rechtsbrecher.
Die Justizbetreuungsangentur soll diese Justizanstalten, in einem ersten Schritt primär Asten und das künftige Justizzentrum Wien Baumgasse, mit Betreuungspersonal versorgen. Die Leitung und der Exekutivdienst in den Justizanstalten bleibt weiterhin den Bundesbediensteten vorbehalten, heißt es im Gesetzesentwurf.