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Der große Politiker-Check

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Der Marktwert unserer Politiker: Gusenbauer, Schüssel & Co: Welcher Politiker als Marke Strahlkraft besitzt. Wer an seinem Image arbeiten muss. Und warum die Marke KHG der ÖVP als Partei schadet.

Imagetest für unsere Politiker: Sie stehen auf dem Prüfstand wie Autos, Schokolade oder Waschmittel. Wichtigstes Kriterium ist die Unterscheidbarkeit von ihren Konkurrenten. Sie ist das Fundament jeder starken Marke. Eine neue Studie zeigt, wie sich Schüssel, Gusenbauer und ihre Parteien als starke Marke bewähren.

„Der absolute Wahnsinn. Er ist der Papst der Politik, weil er für alle da ist.“ Luigi Schober sprüht vor Enthusiasmus, wenn er von seiner politischen Lieblingsmarke Heinz Fischer spricht. Der Bundespräsident ist die absolute Power-Marke unter den heimischen Politikern.

Schobers Werbeagentur Young & Rubicam unterzog die Bundespolitiker einer Überprüfung nach ihrem Markenwert, wie es sonst nur mit Autos oder Waschmittel passiert. „Die Markenwerte gelten universell, auch in der Politik“, ist der Werbeboss fest überzeugt.

Politischer Zündstoff
In einer neuen repräsentativen Studie fragte das Meinungsforschungsinstitut Fessel GfK 1.600 Österreicher zwischen 18 und 69 Jahren, was sie von Schüssel & Co. halten. „Das Ergebnis birgt politischen Zündstoff“, sagt Schober, der die Nationalratswahl als Werbestratege für die SPÖ erfolgreich geschlagen hat.

In der Studie wird aus 48 Image-Kategorien eine Bewertung der Politiker nach vier Grundwerten abgeleitet: Unterscheidbarkeit, Bedeutung, Ansehen und Vertrautheit, dargestellt in vier Balken. Sinkt ein Wert, verschiebt sich die Markenbalance. Heinz Fischer überzeugt in jeder Kategorie.

„Jesus Christus hätte 100 Prozent Zustimmung, Heinz Fischer hat wahnsinnig gute 88“, sagt Schober. Als überparteiliche Instanz ist er aber nur bedingt mit den Parteipolitikern vergleichbar. Alexander Van der Bellen, der grüne Professor, liegt nicht weit hinter ihm. Eine alte, gute Marke als Zugpferd für eine Partei, die auf dem Weg zur Power-Brand ist.

Wertekrise der ÖVP
Alfred Gusenbauer und Wolfgang Schüssel liegen eng beisammen. Aber die Tendenz des SP-Chefs zeige nach oben, interpretiert Schober. Schüssel als Marke habe nicht davon profitiert, dass der Wahlkampf ganz auf seine Person zugeschnitten war – und auch keine Zugkraft bewiesen.

Die stärkste Marke im ÖVP-Stall – Finanzminister Karl-Heinz Grasser – verdeutliche die Krise der ganzen Partei.

Obwohl er auch durch Auftritte in der Seitenblicke-Welt vertraut ist, fehlt ihm ein starker Markenkern, zeigt die Studie: Die Leute glauben nicht, dass seine Arbeit viel Bedeutung für sie hat. Sein Ansehen ist gering.

Schober: „Kaum einer würde mit ihm ein Bier trinken wollen. Die Marke KHG verstärkt genau die Defizite, welche die Partei ÖVP als Marke hat. Die ÖVP hatte vor der Wahl im Sozialbereich nur geringe Bedeutung beim Wähler. Bei wichtigen Aspekten wie Menschlichkeit, Fairness und Solidarität erreicht sie nur die Hälfte der Punkte der Marke SPÖ.“

Starke Parteimarken
Auffällig ist, dass die ÖVP wenig Vertreter im Spitzenfeld hat. Josef Pröll, der als junge Marke noch viel Potenzial hat, stünde aber bereit. Ganz schlecht schneidet Klubobmann Molterer ab. Der Job als Mann fürs Grobe bringt einfach wenig Sympathie.

Während SPÖ und die Grünen den Schritt, eine starke Marke zu werden, nach der Studie schon weitgehend geschafft haben, liegt die ÖVP noch etwas zurück. FPÖ und BZÖ sind auf dem Weg zu relevanten politischen Marken deutlich abgeschlagen.

Starke Grüne, SP-Probleme bei den Jungen. Bei der Unterscheidbarkeit zu den anderen Parteien gelingt es der ÖVP am wenigsten, sich zu positionieren. Sie weist von allen fünf Parteien im Parlament den geringsten Prozentwert auf. Das Gegenbeispiel liefern die Grünen, die sich nach Meinung der Österreicher am deutlichsten von den anderen Parteien unterscheiden.

Die SPÖ hat ihr größtes Problem bei den jungen Österreichern. Von der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen wird sie als wenig unterscheidbar und wenig bedeutend eingestuft. In dieser Gruppe liegen die Grünen in allen Dimensionen haushoch vor den vier anderen Parteien. Eva Glawischnig sorgt mit ihrer Markenkraft dafür, dass die Grünen bei den 18- bis 34-Jährigen jeder anderen Partei überlegen sind.

Auch bei den Frauen könnte die Marke SPÖ ihre Strahlkraft noch verbessern. Dafür punktet die SPÖ bei der Altersgruppe 50 plus als unangefochtener Spitzenreiter in allen Dimensionen. Nur die Grünen werden vom älteren Teil der österreichischen Bevölkerung als ähnlich attraktive Polit-Marke eingestuft wie die Sozialdemokraten. Während der ÖVP zwar durchaus Ansehen und Vertrautheit bescheinigt wird, mangelt es ihr wieder an Unterscheidbarkeit und Bedeutung.

Interessante Ergebnisse, wenn sie mit der Bevölkerungsstruktur verknüpft werden, fallen doch 2,8 Millionen Österreicher in die Gruppe 50 plus. „Noch Entwicklungspotenzial als Marke“ attestiert Schober mit Blick auf die Studienergebnisse der FPÖ und dem BZÖ. Vor allem an Ansehen und Bedeutung mangelt es den beiden Rechts-Parteien in der Gesamtbevölkerung.

Stefan Müller und Albert Sachs in ÖSTERREICH SONNTAG (10. Dezember 2006)

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