Nulllohnrunde

Dicke Luft in der Koalition wegen ÖBB

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Die ÖVP fordert mehr Sparwillen, die SPÖ sieht Bahn auf einem guten Weg.

Der Abbruch der Lohnverhandlungen bei den ÖBB hat einen koalitionsinternen Streit hervorgerufen. "Die Gewerkschaft der Bundesbahnen zeigt keine Reformbereitschaft", urteilt ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka. Die Forderung nach einer Abgeltung der Inflation wertet er als "null Beitrag" zum Staatshaushalt. Für die Aufsichtsratssitzung am Donnerstag fordert er "konkrete Vorschläge" vom neuen Management der ÖBB, so Lopatka.

Kern "muss sich durchsetzen"
Die Unternehmensführung unter dem neuen ÖBB-Chef Christian Kern sei zwar seit mehr als 100 Tagen im Amt, habe jedoch bisher keine Vorgehensweise bezüglich der "zu hohen Gehälter und Pensionen" präsentiert. Man sage nur "Bund, zahle", nun sei es aber an der Zeit, die "überdurchschnittlichen Gehälter" bei den ÖBB anzupassen. Dabei werde sich zeigen, ob es Kern gelinge, sich gegenüber dem "übermächtigen Gewerkschaftsboss Haberzettl" (Wilhelm) durchzusetzen. Im Regierungsabkommen sei jedenfalls eine "Steigerung der Produktivität" vereinbart, "davon sehe ich aber nichts", so Lopatka. Kerns Ankündigung, den Aufwand für externe Rechtsberatung bis 2011 zu halbieren, bezeichnete Lopatka als einen "positiven Ansatz".

Nulllohnrunden überall gängig
Zur Deckung des hohen Haushaltsdefizits brauche der Staat Beiträge "von allen Gruppen, auch von der großen Gruppe der ÖBB-Mitarbeiter". Dies wäre bei einer Abgeltung der Inflation nicht der Fall. Zudem gebe es Nulllohnrunden "in mittlerweile 22 EU-Staaten", auch in Österreich müsse man diesbezüglich "endlich Einsicht zeigen". Eine Nulllohnrunde bei den Beamten werde es nur geben, wenn diese auch für die ÖBB-Mitarbeiter zum Tragen komme. "Alles andere wäre unfair", bekräftigte Lopatka, die Beamtenlohnabschlüsse dürfen "keinesfalls schlechter sein" als jene der ÖBB-Angestellten. Zudem habe es bei den ÖBB "in den letzten fünf Jahren eine zusätzliche Gehaltserhöhung" in Form von "überhöhten" Lohnabschlüssen gegeben.

"Pröll soll Bahn-Bashing beenden"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter weist die "neuerlichen verbissenen Angriffe" von Lopatka zurück und fordert ÖVP-Finanzminister Josef Pröll auf, "endlich das gezielte und systematische Schlechtmachen des Konzerns durch seinen Staatssekretär abzustellen." Das ÖBB-Bashing komme sowohl das Unternehmen als auch die heimische Wirtschaft und die Steuerzahler teuer zu stehen. Kräuter empfiehlt Lopatka "Lockerungsübungen mit Blockadegewerkschafter Fritz Neugebauer".

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Schluss mit "schwarz-blauer Vergangenheit"
SPÖ-Infrastrukturministerin Doris Bures sieht die ÖBB angesichts von Krise, Budgetkonsolidierung und wachsendem Konkurrenzdruck vor "großen Aufgaben". Der neue Bahn-Boss Christian Kern und dessen Team seien dabei, unter die "schädlichen Entwicklungen" der schwarz-blauen Vergangenheit "einen klaren Schlussstrich zu ziehen", so die Ministerin. Sie sieht die "Neuaufstellung" der ÖBB "auf gutem Weg".

Österreichweite Info-Versammlungen
Der Konzernbetriebsrat hat am Montag jedenfalls die Abhaltung von Informationsveranstaltungen zur laufenden Lohnrunde beschlossen. Die Aktionen finden zwischen 20. und 30 September österreichweit statt und werden so abgehalten werden, dass es zu keinen Beeinträchtigungen des Bahnbetriebs kommt. Die unterbrochenen Verhandlungen könnten schon davor wieder aufgenommen werden:  "Wir sind bemüht, einen Termin zu finden", heißt es aus Haberzettls Büro.

Die ÖBB-Betriebsräte hatten Ende vergangener Woche die Verhandlungen ausgesetzt, nachdem der neue Bahnchef Christian Kern eine "Nulllohnrunde" angeboten hatte.

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