Im Visier

Die fleißigsten und faulsten Abgeordneten

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Österreichs Nationalratsabgeordnete auf dem Prüfstand: Zwei Wochen vor der Wahl lesen Sie im ÖSTERREICH-Ranking, wie fleißig Ihr Abgeordneter im Hohen Haus war.

Sagenhafte 732 schriftliche Anfragen richtete der Salzburger SPÖ-Abgeordnete Johann Maier seit 2002 an die Bundesregierung. Im Schnitt sind das alle zwei Arbeitstage eine. Hinzu kommen 96 Anträge und 89 Reden. Damit ist Maier Sieger im Abgeordneten-Ranking von ÖSTERREICH. Für Maier keine große Sache: „Ich bin der Meinung, dass man auch als Einzelner sehr viel erreichen kann, zum Beispiel Missstände aufzeigen. In dem Job ist es das Wichtigste, Fragen zu stellen."

Die Kriterien
Aber nicht jeder im Hohen Haus ist so fleißig wie der 54-jährige Sozialdemokrat: ÖSTERREICH sah sich zwei Wochen vor der Wahl genau an, wie viele Abgeordnete für ihr Gehalt von 7.905 Euro monatlich arbeiten: Gezählt wurden Reden, schriftliche Anfragen an die Bundesregierung, selbständige und unselbständige Anträge. Dafür wurde jeweils ein Punkt vergeben.

Kleine vor Großen
Klar, dass kleine Fraktionen und Oppositionsparteien besser abschneiden: Ihre Mitglieder kommen einfach öfter zum Zug – und sie wollen auch mehr von den Regierungsmitgliedern wissen. Ihre Macht ist die Kontrolle. Und so folgen auf Maier gleich vier Grüne: Gabriela Moser belegt den zweiten Platz. Die 52-Jährige hielt seit dem Beginn der Regierungsperiode 180 Reden und richtete 314 Anfragen. Die Oberösterreicherin freut sich zwar, findet aber auch: „Rankings berücksichtigen die Ausschussarbeit nicht. Und die Arbeit im Wahlkreis ist sicher bei anderen intensiver als bei mir." Auch auf’s Stockerl kam Parteikollege Karl Öllinger: Er zeigt sich „überwältigt" und freut sich, dass im Gegensatz zu anderen Rankings nicht nur die Reden gezählt wurden. „Den Ansatz zu schauen: Tun die was?, find’ ich jedenfalls richtig", so Öllinger.

Verliererin
ÖVP Wenn man es so sieht, tut man bei der ÖVP deutlich weniger. Die Kanzlerpartei ist die große Verliererin im ÖSTERREICH-Ranking. Mit Günther Stummvoll liegt der beste Schwarze auf Rang 43 (81 Reden). Der mächtige und sicher alles andere als faule Klubchef Wilhelm Molterer landet gleich nur auf Platz 47. Er trat 79 Mal ans Rednerpult, 22 Anträge für Gesetze oder Erklärungen des Nationalrats hat er eingebracht. Tatsächlich: Für den einzelnen ÖVP-Mandatar ist es nicht leicht, sich im Pulk der 79 Schwarzen durchzusetzen: Wenn man jene wegzählt, die im Lauf der Legislaturperiode nachgerückt sind, rangieren auf den letzten 20 Plätzen nur ÖVP-Abgeordnete. Ebenfalls außer Konkurrenz: Die drei Präsidenten Andreas Khol (ÖVP), Barbara Prammer (SPÖ) und Thomas Prinzhorn.

Tiroler als Schlusslicht
Johannes Schweisgut aus dem Tiroler Unterland trägt die undankbare rote Laterne. Nur 27 Mal schaffte er es ans Rednerpult: „Ich halte von solchen Rankings nichts, weil sie nicht die wirkliche Arbeit wiedergeben." Außerdem bekämen die kleinen Fraktionen unverhältnismäßig viel Redezeit: „Die kommen einfach öfter dran. " Um die Arbeit eines Abgeordneten richtig zu beurteilen, müsse man sich anschauen, wie viele Vorzugsstimmen er in seinem Wahlkreis bekommen hat. Sein Parteikollege Klaus Auer, ebenfalls unter den Letzten, sieht es ähnlich: „Wenn man die Reden im Wahlkreis mitzählen würde, wären viele im guten Mittelfeld." Auch der Oberösterreicher Nikolaus Prinz pocht darauf, dass die meiste Arbeit in den Wahlkreisen zu leisten ist. Und Alfred Schöls, umtriebiger Beamtenpersonalvertreter aus Niederösterreich „akzeptiert das nicht. Für mich ist entscheidend, was in den Parlamentsausschüssen geleistet wird". Alle ÖVP-Mandatare sind sich einig, dass man als Regierungsabgeordneter weder Anfragen noch Anträge stellen muss. Auer: „Wir reden mit unseren Ministern direkt. " Das sei einfach und unkompliziert.

Rekordhalter Maier sieht das anders: Von 1996 bis 1999 war die SPÖ in der Regierung. Dennoch schonte der Salzburger die eigenen Minister nicht: Er befragte seine Genossen 129 Mal.

Anita Kattinger, Hanna Simons/ÖSTERREICH

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