Das sagt ÖSTERREICH

Watsche für Türkis-Grün, roter Dämpfer, blauer Sieger

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Ein Kommentar von oe24-Chefredakteur Niki Fellner. 

Rund 10 Prozent hat die ÖVP in Tirol verloren. 34,5 % sind das mit Abstand schlechteste Ergebnis, das die ÖVP im einst schwarzen Kernland jemals eingefahren hat. Eine Katastrophe, bei der normalerweise auch in der Bundespartei alle Wände wackeln müssten. Aber Österreich – und insbesondere die ÖVP – ist anders: Zuletzt hatten schwarze Parteistrategen dermaßen tief gestapelt, dass die ÖVP diesen historischen Absturz gestern sogar noch als „Sieg“ feierte.

In der Tat lag die ÖVP in den Umfragen zuletzt deutlich schlechter, war bei fast allen Instituten unter 30%. Aber viele Tiroler dürften am Sonntag dann doch mit der geballten Faust in der Tasche „ihre“ ÖVP gewählt haben und im letzten Moment Angst vor der eigenen Courage bekommen haben. Bezeichnend dafür war auch das Hauptwahlmotiv in Tirol das „geringste Übel“.

Schwarz-Grün in Tirol krachend abgewählt

Im Kanzleramt wird man aufgrund des Tirol-Ergebnisses dennoch nicht in Jubelstürme ausbrechen. Im Gegenteil: Die Obmann-Debatte um Karl Nehammer ist zwar vorerst abgewendet, aber insbesondere in Niederösterreich wird die Nervosität nach dem 10%-Minus in Tirol steigen.

Das heißt: Johanna Mikl-Leitner wird in den nächsten Monaten noch stärker die Regierungslinie vorgeben – und auf totale Konfrontation mit den Grünen setzen (müssen). Von Asyl bis hin zur CO2-Abgabe – die ÖVP-Länder werden die Grünen unter Dauerbeschuss nehmen. Auch, weil in Tirol nicht nur die ÖVP abgestraft wurde, sondern insbesondere auch das schwarz-grüne Regierungsexperiment krachend abgewählt wurde.

Die Grünen sind neben der ÖVP der zweite große Verlierer dieses Wahlabends. Sie fallen unter 10% (was ihnen auch im Bund droht) und fliegen obendrein aus der Regierung. Und: Das Klima in der türkis-grünen Koalition in Wien wird im Herbst deutlich rauer. Da droht den Grünen in den nächsten Wochen ordentlich Ungemach.

Trend spricht für FPÖ und eine „neue“ Partei

Für die SPÖ ist die Tirol-Wahl ein Dämpfer: Dass Georg Dornauer hinter die FPÖ zurückgefallen ist, zeigt, dass auch die roten Bäume nicht in den Himmel wachsen. Darüber wird auch die künftige schwarz-rote Koalition in Tirol, auf die jetzt alles hinausläuft, nicht hinwegtäuschen. Im Gegenteil: Sowohl für ÖVP als auch SPÖ ist diese Neuauflage der „großen Koalition“ bundespolitisch alles andere als angenehm, weil sie vor allem der FPÖ in die Karten spielen wird.

Die Blauen sind hingegen der Gewinner der Tirol-Wahl. Auch wenn die FPÖ nur knapp 3% zulegen konnte, hat sie in Tirol erstmals die SPÖ überholt. Das wird der Bundespartei Auftrieb geben – Asyl- und Teuerungs-Krise spielen den Blauen ohnehin in die Karten.

Zweiter Sieger ist die Liste Fritz, die sich auf 10% verdoppeln konnte. Die spielt bundespolitisch zwar keine Rolle und ist ein reines Tiroler Lokal-Phänomen, zeigt aber, was für eine neue Liste abseits des klassischen Parteienspektrums möglich ist. Und dieser Trend geht weit über Tirol hinaus ...

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